: Helden des christlichen Alltags
■ ZDF zeigte unsere guten „Erbstücke“, Mittwoch, 22.10 Uhr
Ja, es gibt sie noch, die guten Menschen in unserem Lande. Manche von ihnen kümmern sich um die Gebrechlichen, und einige pflegen unser kulturelles Erbe. Schön ist es, wenn das ZDF einmal die frohe Kunde ihres erfüllten Daseins in unsere Wohnstuben sendet.
Da lebt in einem Dorf auf Rügen ein Pfarrer mit seiner Frau, deren Herz von Heimatliebe bewegt wird. Als er auf Rügen eine Kapelle vorfand, da ward ihm bang ums Herz, denn siehe: die Kapelle war verfallen.
Was lag näher, als frisch ans Werk zu gehen? Und heute erstrahlt die Kapelle in neuem Glanze, dem Herrn eine Freude und den Menschen ein Wohlgefallen. Auch ein berühmter Mann wie der Dichter Kosegarten war hier vor 200 Jahren tätig. Des Pastors liebe Frau pflegt nun sein efeuumranktes Grab, dessen Grün die Schafe anknabbern. Aber Frau Pastor sammelt neue Kraft, wenn sie in Kosegartens Gedichten blättert, hat er doch das Göttliche in der Natur gepriesen.
Ebenfalls auf Kosegarten geht die Tradition der Uferpredigt zurück, den Modernen eher als Open-air- Gottesdienst ein Begriff. Und so sitzen sie heute noch singend und betend unter freiem Himmel. Aus solchen Bildern schöpft der Fernsehzuschauer neuen Mut.
Lange Jahre war der französische Friedhof in Berlin nicht frei zugänglich, da er im Grenzgebiet lag. Die Menschen, die dort die Gräber pflegen wollten, mußten erst eine Genehmigung erwirken. Heute ist das ja glücklicherweise anders, aber verfallen ist der Friedhof noch immer. Pfarrer Belge hat lange Jahre für den Friedhof gekämpft. Und er hat den französischen Dom restauriert und die Schätze der Hugenotten in einer kleinen Ausstellung zusammengefaßt. Auch dieser Kandidat bekommt 99 Punkte für sein Bemühen.
Ein Dorf bei Cottbus soll dem Braunkohletagebau zum Opfer fallen, und mit ihm der berühmte Hammergraben, ein Kanalsystem, das Mönche vor 500 Jahren erbaut haben. Noch heute leben Karpfen in ihren Gewässern. Dies alles soll unserer energiehungrigen Zivilisation zum Opfer fallen. Der dortige Pfarrer wehrt sich und sitzt schließlich sinnierend am Ufer der Landschaft, die nun verloren ist: „Unsere Zeit bietet keine Chance für unsere Erbstücke.“ Wir mußten die ganze Nacht im Buche Hiob lesen, um neue Kraft zu sammeln. Olga O'Groschen
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