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Heimlich überwundener Geschlechtsdualismus

■ betr.: „Aus dem Körper emigrie ren“ (Transsexualität überwindet nicht den Geschlechterdualismus), Rezension des Buches von Gesa Lindemann: „Das paradoxe Ge schlecht“, taz vom 26.2.94

Transsexualität überwindet nicht den Geschlechtsdualismus? Diese Schlußfolgerung aus Gesa Lindemanns Buch ist ein typisches Beispielfür Fehlschlüsse, die durch die Beeinflussung des beobachteten Objektes (Transsexuelle) durch die beobachtenden Wissenschaftler (Gutachter) entstehen. Immer mehr Transsexuelle gestehen einander ein, daß sie eigentlich beide bzw. keines der Geschlechter verkörpern wollen, müssen aber ihren Gutachtern die perfekte Frau bzw. den perfekten Mann vorspielen, um die gewünschten Operationen zu bekommen. Lindemann selbst bringt in ihrem Buch ein brutales Beispiel: Eine Mann-zu-Frau-Transexuelle, die sich weigert, das Psychospiel der Gutachter mitzumachen, und tobend auf ihrem Recht als freie Bürgerin besteht, mit ihrem Körper machen zu können, was sie will, bekommt keine Operation bewilligt. Ihr Auftreten ist nicht „weiblich“!

Wir Transsexuellen überwinden tagtäglich den Geschlechtsdualismus, aber verheimlichen dies sorgfältig vor unseren Gutachtern, solange diese ihre Kriterien nicht ändern und wir so abhängig von ihnen sind! Hans Salzburg

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