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Havel hofft auf Einheit nach Wahlen

Tschechen und Slowaken haben gewählt: Politische Programme ohne „Links-Rechts-Schema“ hatten keine Chance/ Ehemalige Dissidenten haben endgültig die politische Szene verlassen  ■ Aus Prag Sabine Herre

„Tschecho-Slowakei 92: Rechts- Links“. Mit dieser Schlagzeile brachte die Tageszeitung 'Lidove noviny‘ die politische Polarisierung in der CSFR nach den Parlamentswahlen am vergangenen Wochenende auf einen griffigen Nenner. Während in der Tschechischen Republik rund ein Drittel der Wähler für die konservative „Bürgerlich-demokratische Partei ODS“ unter Finanzminister Vaclav Klaus stimmte, entschieden sich in der Slowakei 33,5% für die — von ihren Gegnern als „national-sozialistisch“ bezeichnete — „Bewegung für eine demokratische Slowakei HZDS“.

Doch neben der Partei des 1970 aus der KP der CSSR ausgeschlossenen Vladimir Meciar ging auch der zweite Platz in der östlichen Teilrepublik an die Kritiker und Gegner der Wirtschaftreformen von Vaclav Klaus: Die „Partei der demokratischen Linken“ erreichte 14,4%. Dagegen konnte die Christdemokratische Bewegung des bisherigen Ministerpräsidenten Jan Carnogursky lediglich 8,8% gewinnen, die Sozialdemokraten unter Alexander Dubcek kamen auf bloße 5%. Und auch die nationalistische „Slowakische Nationalpartei“ schnitt mit 9,3% schlechter als erwartet ab.

Überraschend gut war dagegen das Ergebnis der am Rande des politischen Spektrums stehenden Kräfte in der Tschechischen Republik. Die „KP Böhmens und Mährens“, die sich im Unterschied zu anderen Kommunistischen Parteien Ostmitteleuropas es weiterhin ablehnt, die Bezeichnung „kommunistisch“ aus ihrem Namen zu streichen, erzielte 14,3%, die „Republikaner“ kamen auf 6,4%.

Ein Ergebnis, das besonders für die Bürgerbewegung Jiri Dienstbiers eine herbe Enttäuschung darstellt. Während die rechts-populistische Partei, deren Hauptforderung die Kürzung der Abgeordnetendiäten darstellt, sowohl in das tschechische als auch in das förderale Parlament einziehen kann, scheiterte die Nachfolgeorganisation des Bürgerforums von Vaclav Havel in beiden Fällen mit 4,4% an der Fünf-Prozent- Hürde.

Und so herrschte im „Spalicek“, der „Zentrale“ der Bewegung, wo mit Gulasch, Knödeln und Bier eigentlich gefeiert werden sollte, bereits vor dem großen Umtrunk Katerstimmung. Bei seiner ersten Bewertung des Wahldebakels hielt sich Außenminister Jiri Dienstbier — für dessen Nachfolge bereits verschiedene Kandiadten zur Verfügung stehen, vorsichtig zurück: „Der Grund für unsere Niederlage ist, daß in diesem Land weiterhin Schwarzweißdenken vorherrscht.“ Anders ausgedrückt: differenziertere politische Programme, die sich nicht nach dem Links-Rechts-Schema richten, haben keine Chance. Das Urteil des tschechischen Ministerpräsidenten Petr Pithart, der festgestellt hatte, daß nun auch in der CSFR die ehemaligen Dissidenten die politische Szene verlassen, bestätigte sich bereits am Wahlabend. Zu den ersten Analysen der Ergebnisse wurden Vertreter der Bürgerbewegung nicht mehr geladen.

Statt dessen konzentrierte sich nun alles auf die Fragen, die entscheidend für den Fortbestand der CSFR sind: Wird es Vaclav Klaus gelingen, gemeinsam mit Meciars HZDS und einigen kleineren Parteien eine stabile Föderalregierung zu bilden? Wird Klaus bereit sein, den Forderungen nach größerer Selbständigkeit der Slowakei nachzugeben, oder setzt Meciar seinen Weg zu einer unabhängigen slowakischen Republik fort? Fragen, die von Siegern und Verlierern, Politikern und Journalisten völlig unterschiedlich bewertet wurden. Überraschend zuversichtlich äußerten sich die Hauptpersonen selbst. Valdimir Meciar stellte fest, daß er sich eine Koalition mit der ODS vorstellen könne, denn diese habe ihn bereits „ein Jahr lang nicht mehr angegriffen“. Vaclav Klaus vertrat die Ansicht, daß es nach einer „Klimaverbesserung“ zwischen beiden Parteien zu einem „Tauschhandel“ kommen werde. Dieser betreffe sowohl inhaltliche als auch personelle Fragen.

In zwei ausführlichen Artikeln stellte dagegen die der Bürgerbewegung nahestehenden 'Lidove noviny‘ warnend fest, daß Meciars Partei alle Entscheidungen der Föderalversammlung blockieren könne. Daher sei er bei den nun anstehenden Verhandlungen eindeutig im Vorteil. Einig waren sich alle Seiten darin, daß die Koalitionsgespräche lange, sehr lange dauern würden.

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