piwik no script img

Haut verzeiht keinen Sonnenbrand

■ Kleinkinder gehören nicht in die Sonne, sondern ins Hemdchen, lernte der taz-Reporter

, lernte der taz-Reporter

Auch ganz normale PR-Aktionen können mitunter lehrreich sein. Gestern lud die Bayer AG zu einer Hafenrundfahrt, um rechtzeitig vor der Urlaubssaison ihre neue Produktpalette der delial-Sonnenschutzmittel vorzustellen. Aus dem Munde eines Marketing-Direktors

1zu hören, daß Tiefenbräune vielen heute nicht so wichtig ist, konnte schon verblüffen.

Bräune sei inzwischen kein Statussymbol für Weltenbummler mehr, weil, „die kann ja jeder haben“. Als sichtbares Zeichen für diese Erkenntnis ist das ärgerlich

1braune „delial-Mädchen“ für die kommende Werbekampagne deutlich blasser geworden. Ein weiterer Grund für die zunehmende Sonnenabstinenz liegt darin, daß die Zahl der allergiegefährdeten Menschen stetig ansteigt.

Was also tun, wenn man trotzdem Sonnenschutzmittel verkaufen will? Bayer-Laborleiter Peter Finkel skizziert die Ausgangslage: Bislang wurde häufig vermutet, daß Sonnenallergien direkt durch die Sonnenbestrahlung verursacht werden. Doch bei etwa einem Drittel dieser jede Urlaubsfreude vermiesenden juckenden Bläschen sind die Sonnenschutzmittel selbst der Auslöser. Wer ohnehin Allergiker ist, ist meist auch gegen Konservierungsstoffe allergisch, und die sind vielfach in Sonnenschutzmitteln enthalten. Zusatzstoffe, die eine Bindung von Wasser und Ölen ermöglichen (Emulgatoren), bewirken sogar erst unter Sonneneinstrahlung eine entzündliche Hautreizung, die sogenannte „Mallorca-Akne“. Keine Frage, daß in den neuen Produkten dieser nun schon mehrfach genannten Marke auf diese Zusätze verzichtet wird.

Peter Finkel räumt auch mit dem Irrglauben auf, daß hohe Sonnenschutzfaktoren Sonnenbrände verhindern könnten. Sie verlängern lediglich die Dauer, die Mann oder Frau ungestraft in der Sonne verbringen kann. Selbst bei einem Schutzfaktor 20 könne nach relativ kurzer Zeit ein gelungener Sonnenbrand die Belohnung sein. Entscheidend sei, daß Sonnenschutzmittel die gefährlichen UV-Strahlen möglichst breit herausfiltern können. Aber auch dann gebe es keinen 100prozentigen Schutz, erst recht nicht bei Kindern. Ganz und gar unkaufmännisch meint Finkel, „Säuglinge und Kleinkinder gehören einfach nicht in die Sonne, denn die Haut verzeiht keinen Sonnenbrand, selbst wenn er längst verheilt ist“. Der beste Schutz seien immer noch der Hut und das Hemdchen. Norbert Müller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen