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Haut vergißt keinen Brand

■ Der Sommer lockt – der Facharzt rät: mittags flattrige Kleidung und Hut

Nur ein brauner Körper ist ein schöner Körper. Dieses Schönheits ideal ist immer noch vorherrschend. „Früher war ich auch eine eifrige Sonnenanbeterin aber mittlerweile passe ich sehr auf“, sagt die Vorsitzende des Bremer Dermatologenverbandes, Eva Ramsauer. Dabei wolle sie die Sonne nicht verteufeln. Dem Argument, früher hätten die Leute ja auch keinen Hautkrebs bekommen, obwohl sie oft und lange in der Sonne waren, hält sie entgegen: „Früher hatte der Hautkrebs gar keine Chance, weil die Leute vorher gestorben sind. Wir haben heute sehr viele Patienten, die über 70 sind.“

Von pauschalen Empfehlungen, wie: 50 Sonnenbäder im Jahr sind ungefährlich, wie das Bundesamt für Strahlenschutz sagt, hält Eva Ramsauer nichts. „50 Sonnenbäder mittags um zwölf, das sind 50 zuviel.“

Derzeit kursieren in den Medien beunruhigende Zahlen: 1994 seien allein 100.000 Menschen an Hautkrebs erkrankt und 3.000 daran gestorben. Diese Zahlen stammen von der Strahlenschutzkommission. Die Kommission hat diese Zahlen der Todesursachenstatistik entnommen. Das halten Eva Ramsauer wie auch Thomas Hilbert vom Gesundheitsamt für zu ungenau. Es entstehe schließlich nicht jeder Hautkrebs durch zuviel Sonne, so Hilbert. Von den drei Hautkrebsarten entstehe nur das maligne Melanom, zu deutsch „schwarzer Hautkrebs“, durch zuviel Sonne. Aus diesem Grund „kann es ohne Krebsregister keine genauen Zahlen geben“, meint Eva Ramsauer.

„Bremen ist zwar nicht so gefährlich wie Australien, trotzdem gibt es auch hier Risiken, die niemand genau abschätzen kann“, rät Thomas Hilbert zur Vorsicht. Auf jeden Fall sollte man einen Sonnenbrand vermeiden, weil mit der Zahl von Sonnenbränden das Hautkrebsrisiko rapide steigt. Eva Ramsauer liegen dabei besonders die Kinder am Herzen. Weil die Haut keinen Sonnenbrand vergißt, „sind Sonnenbrände im Kindesalter am allergefährlichsten“. Schützen kann man Kinder am besten mit leichter flattriger Kleidung und einem Hut.

Bevor man sich in die Sonne legt, sollte man seinen Hauttyp kennen. Unterschieden werden insgesamt vier: Der erste ist der sogenannte irische Typ („Boris-Becker-Typ“), mit heller Haut, roten Haaren und Sommersprossen. Nummer zwei ist der typische Norddeutsche, also helle Haut und blonde Haare. Der dritte Typ hat dunkle Haare und braune Augen. Und Typ vier (meist SüdeuropäerInnen) hat von Natur aus dunkle Haut und schwarze Haare.

Eine Faustregel für Mitteleuropa besagt, daß sich der irische Typ höchstens zehn Minuten der prallen Sonne aussetzen soll. Der hellhäutige Norddeutsche sollte täglich höchstens 20 Minuten sonnenbaden. Dunkelhäutige EuropäerInnen können 30 Minuten unbeschadet in der Sonne verweilen. Darüberhinaus gilt für alle: Die tägliche Bräunungsdauer muß langsam gesteigert werden, damit die Haut Zeit hat, eine Pigmentierung aufzubauen. „Wenn die Leute heute nach Spanien fliegen, müßten sie eigentlich mit fünf- bis zehnminütigen Sonnenbädern beginnen. Aber das macht natürlich keiner“, weiß Eva Ramsauer.

Ganz wichtig sind ordentliche Sonnenschutzmittel, die richtig angewendet werden. Für Erwachsene ist an den Urlaubsstränden ein Lichtschutzfaktor 15 ausreichend, für Kinder sollte er etwas höher sein. Unbedingt sollten die Cremes die UVB- und UVA-Strahlung abschirmen und fürs Baden wasserfest sein. Also genau lesen, was auf der Packung steht. Versprechungen, wonach man mit Sonnencreme -zig mal länger in der Sonne bleiben kann als ohne, sollte man nicht trauen. „Genau das soll man nicht tun“,warnt Thomas Hilbert.

Was viele vergessen: Nach dem Eincremen soll man unbedingt noch 20 Minuten warten, bevor man in die Sonne geht. Und weil man auch im Schatten bräunt, muß die Prozedur alle drei Stunden wiederholt werden. Bei der ganzen Eincremerei sollte man besonders auf die sogenannten „Sonnenterassen“ des Körpers (Nase, Ohren, Augenhöhlen und -lider, Lippen, Kinn, Stirn, Schultern, Füße) achten. Unabhänging von all dem sollte man zwischen 11 und 15 Uhr nicht in die Sonne gehen. Und wenn sich's doch nicht vermeiden läßt, dann sonnendichte Kleidung und eine Mütze tragen. Denn wenn die Sonne am höchsten steht, ist die Filterwirkung der Athmosphäre am geringsten, sind die Strahlen also am gefährlichsten.

Grundsätzlich sollte man seine Haut „im Auge“ behalten und zwar auch an Stellen wo keine Sonne hinkommt. Denn der „schwarze Hautkrebs“ streut ungezielt aus und kann überall Tochtergeschwülste bilden. Trotzdem ist Eva Ramsauer optimistisch: „Hautkrebs ist sehr gut heilbar, wenn er frühzeitig erkannt wird“. Also schon bei den kleinsten Veränderungen (Flecke, Erhebungen u.ä.) zum Arzt gehen, bevor es zu spät ist.

Steffen Schulz

Mehr Tips und Infos gibts bei der Deutschen Krebsgesellschaft in der Rembertistr 99, Tel. 32 51 69

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