: Hattigs One-Man-Show
Erst dem Wirtschaftssenator gelingt es mit einer spritzigen Rede, Leben in eine müde über die Sanierungspolitik palavernde Bürgerschaft zu bringen
taz ■ Die Bürgerschaftsdebatte plätscherte gestern Morgen müde vor sich hin: Das Plenum las Zeitung oder schwatzte. Dabei war der Tagesordnungspunkt offenbar wichtig, waren doch gleich zwei – fast identische – Große Anfragen an Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) gerichtet worden. Nach den „Arbeitsplatzeffekten der Sanierungspolitik“ hatte sich die SPD erkundigt, nach den „Wirtschafts- und Arbeitsmarktseffekten“ die CDU. Gelobt sei der feine ideologische Unterschied.
Die Investitionspolitik Bremens müsse „arbeitsmarkteffektiver“ werden, forderte die SPD-Abgeordnete Helga Ziegert. Vor allem die Bremerhavener Arbeitslosenquote sei „besorgniserregend“. Während die Arbeitnehmer durch Teilzeitarbeit und Überstunden ein „überdurchschnittlich hohes Maß an Flexiblität“ zeigten, warf Ziegert den Unternehmern „ziemliche Zaghaftigkeit“ vor.
Man müsse mit dem Strukturwandel Geduld haben, forderte CDU-Redner Dieter Focke. „Wir können wohl erst 2015 sehen, ob die eingeleiteten Maßnahmen gegriffen haben.“ Obwohl die „nicht ganz billige“ Sanierungspolitik in den letzten drei Jahren „einen Arbeitsplatzzuwachs von 11.000 Stellen“ gebracht habe, sei Bremen „natürlich noch nicht über dem Berg“, so Focke. Es müsse noch mehr in Dienstleistungen investiert werden.
Grünen-Abgeordnete Helga Trüpel verlangte, junge Existenzgründer „viel offensiver nach Bremen zu holen“. Und Trüpels Parteifreundin Anja Stahmann rief dazu auf, „die Säule Bildung, Ausbildung und Qualifizierung stärker in den Mittelpunkt der Sanierungspolitik zu stellen“.
Doch erst der Beitrag von Wirtschaftssenator Hattig, allen Vorrednern rhetorisch um Längen überlegen, verlieh der Debatte Schwung. „Die beste Arbeistmarktpolitik ist eine gute Wirtschaftspolitik“, klopfte sich Hattig auf die Schulter: Wirtschaftswachstum und Investitionsquote Bremens lägen über der Bundesquote. Unter dem breiten Grinsen Henning Scherfs probte Hattig erste Wahlkampf-Textbausteine: „Wenn alle Ehen so vernünftig wären wie die Große Koalition, gäbe es weniger Scheidungsrichter.“
Ob die Bremerhavener SSW-Werft jedoch eine Zukunft habe, müsse der Insolvenzverwalter entscheiden: „Der Staat ist nicht der Risikounternehmer, wenn es schief geht“, so Hattig. jox