: Harte Töne, schnelles Abstimmen
■ Erste Lesung des Nachtragshaushalts im Hauptausschuß
Die gestrige erste Lesung des Nachtragshaushalts im Hauptausschuß entpuppte sich als Stunde der Nachahmer. Die SPD kündigte an, die in der Verfassung zulässige BVG-Freifahrtenregelung für Abgeordnete zu streichen. Ein Vorschlag, den die PDS in der letzten Legislaturperiode eingebracht hatte, wie deren Abgeordneter Dieter Klein süffisant anmerkte. Auch die sozialdemokratische Ankündigung, die Zahl der Dienstwagennutzer zu beschränken, war dem jüngst vorgestellten Antrag der Bündnisgrünen entliehen. Angesichts des Sparopfers müsse man überlegen, ob Abgeordnete nicht eine „Vorbildfunktion“ hätten und nicht auch Opernintendanten und Staatssekretäre oder Parlamentsvizepräsidenten gegebenenfalls auf Taxis umsteigen könnten, so SPD-Haushaltsexperte Hans-Peter Seitz. Beide Anträge wurden in die zweite Lesung am kommenden Montag verschoben.
Auch manche Verwaltung wird bis dahin nachlegen müssen. Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) kündigte zwar für dieses Jahr Einsparungen von rund einer Million in seiner Verwaltung an. Eine genaue Aufschlüsselung aber blieb er schuldig und muß sie nun auf Wunsch der SPD nachreichen. Am Montag soll dann auch ein Antrag der Bündnisgrünen erneut beraten werden, der die Streichung von 3,67 Millionen Mark aus dem 65-Millionen-Parlamentsetats vorsieht. So sollen unter anderem die Fraktionszuschüsse um 1,56 Millionen Mark gekürzt und weitere 850.000 Mark bei der baulichen Unterhaltung des Abgeordnetenhauses eingespart werden.
Richtig laut wurde es in der routiniert-ruhigen Sitzung nur einmal: als die Senatskanzlei sich weigerte, die neu im Haushalt veranschlagten 1,16 Millionen Mark Portokosten für die Verschickung des Fusionstaatsvertrages an die Berliner Haushalte durch entsprechende Streichungen bei der baulichen Unterhaltung der Polizei auszugleichen. Da platzte dem Ausschußvorsitzenden Klaus Franke (CDU) der Kragen: „Kindergarten können sie im Senat spielen.“ Und schickte flugs Senatskanzleichef Volker Kähne zur Beratung vor die Tür. Ergebnis: Die Forderung des Hauptausschusses wurde „zur Kenntnis genommen“. Allerdings, so Finanzstaatssekretär Frank Bielka (SPD), müsse man überlegen, ob ausgerechnet die Bauunterhaltung der Polizei dafür herhalten müsse.
Immerhin, einen Erfolg konnten die Bündnisgrünen, deren Anträge zumeist von CDU und SPD im Eilverfahren abglehnt wurden, verbuchen: Eine 20.000 Mark teure Kantinen–Geschirrspülmaschine im ehemaligen Sitz der Finanzverwaltung in der Nürnberger Straße wird nicht mehr angeschafft. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen