■ Standbild: Harold & Lars
„The Berliner Freund“, Freitag, 23 Uhr, WDR
Harold Hurwitz ist zweifellos ein faszinierender Mann: 1946 kam der amerikanische Jude als Alliierter nach Berlin. Mitglied der Besatzungsmacht war er nur pro forma, eigentlich kam Hurwitz wegen seiner Dissertation über Ernst Toller. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter wurde er aber schnell damit beauftragt, das politische Leben im Nachkriegsberlin zu beobachten. Es sollte sein Lebensthema werden. Denn auch nachdem ihn die Amis während der McCarthy-Hysterie wegen Verdachts auf Kommunistensympathie suspendierten und die Apo-Revoluzzer den Berater des Berliner Senats als CIA-Agent diffamierten, forschte der inzwischen habilitierte Soziologe unverdrossen weiter: Wie ist die politische Stimmung in Westberlin? Was denken die Frontstädter über sich und ihre Lage? Methodisches Neuland damals, irgendwo zwischen sozialpsychologischer Studie und historischer Analyse. 1983 erschien der erste Band von Hurwitz' Lebenswerk „Demokratie und Antikommunismus“. Inzwischen ist er ein Klassiker.
Hanno Brühl und Lars Brandt ist ein einfühlsames Porträt über „the Berliner Freund“ gelungen: über seine Beweggründe, nach Deutschland zu gehen und in Berlin zu bleiben, sein Leben in zwei Welten, sein Forschungsinteresse an Umbruchsituationen und seine Menschenliebe. Da Hurwitz seine wissenschaftlichen Ergebnisse auch für eine neuartige Politikerberatung nutzte, gehörte auch er zur „politischen Mischpoke“ rund um den damals regierenden Bürgermeister Willy Brandt. Für dessen Sohn Lars war es bestimmt toll, schon als Kind einen so interessanten Mann wie Hurwitz kennen zu lernen, womit er heute als Filmemacher anderen wissensmäßig natürlich auch einiges voraushatte. Aber warum musste Lars Brandt sich deswegen in dem Hurwitz-Porträt ständig selbst thematisieren? Lars gespiegelt in Hurwitz' Fenster, Lars in Hurwitz' Büro, Lars mit Hurwitz im Garten der Familie Brandt, Lars: „Ich sag dir mal was, Harold ...“. Schade eigentlich, Lars. Ania Mauruschat
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