… DER BUNDESPRÄSIDENT? : Hannoveraner Schrippen mümmeln
Wenn das der Bundespräsident wüsste: Das knusprige Brot, das ihm in Schloss Bellevue aufgetischt wird, stammt aus einer Bäckerei, deren Erscheinungsbild in der Zunft für Hohn und Spott sorgt: „Geht ja wohl gar nicht“, „Drecksloch“, urteilen Kollegen im Forum „wir-baecker.de“ über die Backstube von Jochen Gaues. Vielleicht steckt ja nur Neid dahinter – immerhin beliefert der Meister außer Christian Wulff auch viele Sternerestaurants und Nobelhotels mit „Ochsenbrot“ oder den an Rumbakugeln erinnernden „Muckstangen“.
Nach einem Report des Pro7-Magazins „Galileo“ wird die Manufaktur „Broterbe Gaues“ durch die Medien gereicht. Gaues selbst hat an der PR-Lawine fleißig mitgewirkt: Seine Mitarbeiter tragen T-Shirts mit dem Aufdruck „Der Bäcker vom Bundespräsidenten kommt aus Hannover und heißt Jochen“. Womit auch schon das zweite Problem angesprochen wäre: Christian Wulffs Leibkoch lässt sich mit Backwaren aus der niedersächsischen Hauptstadt versorgen.
Klar: Der Mann von der Leine begünstigt einstige Landeskinder. Könnte man meinen – aber der Liefervertrag besteht seit den Tagen von Roman Herzog. Viel schlimmer findet die Berliner Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling die Ökobilanz der präsidialen Backwaren. „Verrückt“ sei es, Gebackenes von Hannover an die Spree zu karren: „Auch in Berlin gibt es ganz hervorragendes Brot.“ Ins gleiche Horn stößt der BUND: Vor Ort Produziertes sei immer besser, so Sprecherin Carmen Schultze.
Im Ernst: In Berlins Gastronomie, wo stilles Wasser aus Japan zum neuseeländischen Lammbries gereicht wird, geht niedersächsisches Brot locker als Regionalprodukt durch. Und dass der Bäcker vom Präsi – wie auf Pro7 zu sehen war – mit dem T-Shirt-Aufdruck „Öfter mal die Fresse halten“ an der Knetmaschine steht, das ist doch fast schon sympathisch. CLP Foto: Archiv