: Handschuhe verhaftet
■ Handschuhe hoch! Bundesweite Durchsuchungsaktion wegen Artenschutz am Schwein / Seltene südamerikanische Pekari-Sauen machen Bremer Leder-Händler arm
Ein schwerer Schlag für den bremer Einzelhandel: In den letzten Tagen hat die Kripo mehrere hundert Paar Handschuhe vom Ladentisch weg verhaftet. Der Grund der Aktion: Was Menschenhände wärmen sollte, gehörte vorher zum Kleidungsstück des südamerikanischen Pekari-Schweins, und zwar zum einzigen. Und das Pekari gehört seit 1985 zu den besonders geschützten Tieren. Pekari-Leder darf nur mit Erlaubnisschein verkauft werden, und weil die oft genug fehlten, ging den Fahndern reichlich Beute in's Einkaufsnetz. Bei einem Bremer Händler wurde Ware im Wert von 55.000 Mark sichergestellt. Die ist profitmäßig nun futsch. Und Strafe muß er obendrein zahlen, die liegt in anderthalbfacher Höhe des Wertes, bei saftigen 82.000 Mark. Weil die Aktion in Bremen so erfolgreich war und weil gleichzeitig bekannt war, daß vor einiger Zeit mehrere tausend Pekari-Felle illegal nach Deutschkland gekommen waren, wurde die Aktion auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnt. Bei der bislang größten gemeinmsamen Artenkontrolle in der Republik wurden mehrere tausend Handschuhe festgenommen, teilte gestern die Bremer Umweltkripo und die Artenschutzabteilung des Umweltsenators mit.
Das Pekari lebt ziemlich gefährlich. Das liegt weniger an natürlichen Feinden, als vielmehr an dem, was man post morten aus ihm machen kann, nämlich qualitativ hochwertige Handschuhe. Kostenpunkt pro Paar: zwischen 120 und 200 Mark. Das Chako-Pekari beispielsweise wurde erst 1985 entdeckt, und heute schon gilt für das Chako Alarmstufe rot. Das Schwein ist vom Aussterben bedroht. Für Chako-Felle gilt absolutes Handelsverbot.
Ganz so weit ist es bei den schweinischen Verwandten, dem Halsband- und dem Weisbartpekari noch nicht. Die gelten als „besonders geschützt“ aber das heißt noch lange nicht, daß sie sich ihres Lebens freuen könnten. Sie dürfen gejagt werden. Für ihre Felle sind Exportgrenzen festgelegt worden, doch die können locker umgangen werden, weiß die Bremer Kripo. Ausfuhrbescheinigungen für illegal erlegte Tiere könnten gegen ein geringes Entgelt erworben werden. Also könne keine KäuferIn wirklich sicher sein, ob das Schwein legal oder illegal zum Handschuh werden durfte.
Eigentlich müssen die deutschen HändlerInnen jede Handelsbescheinigung von den deutschen Naturschutzbehörden abstempeln lassen, ehe die Ware in's Regal kommen darf. So entsteht ein Schweine-Schutzbrief, theoretisch, doch in der Praxis sind die Kontrollen der Restriktionen so aufwendig, daß Polizei und Naturschutzbehörden davon ausgehen, daß trotz der Kontrollen große Mengen illegaler Ware auf den Markt kommen. Vor 15 Monaten hat der Zoll Wind davon bekommen, daß mehrere tausend Chako-Felle in's Land geschmuggelt wordebn sind. Die sind bislang nirgendwo aufgetaucht.
Ganz gewiefte GeschäftemacherInnen haben die Handschuhe schlicht mit „Hergestellt aus südamerikanischem Wildschwein“ deklariert, oder es wurden Handschuhe angeboten, die nur zum Teil aus Pekarileder, zum anderen Teil aus Wasserschweinleder hergestellt waren. Denn das Wasserschwein, das ist arm dran, das darf ganz legal umgebracht werden. Viele HändlerInnen, so die Polizei, hätten aber überhaupt keine Ahnung, welcher Schweinerasse die VorbesitzerInnen der Handschuhe wohl gewesen sein mögen.
Die „Handschuhe hoch!“-Aktion ist noch nicht zuende. Polizei und Umweltbehörde bitten um Hinweise unter 361-6663
Jochen Grabler
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