: Handel mit falschen Tusma-Scheinen
■ Bei einer Großrazzia wurden über 40 Personen festgenommen, die gefälschte Papiere der studentischen Arbeitsvermittlung verkauft haben sollen. Offenbar gefälschte Pässe deuten auf Menschenhandel
Seit Anfang des Jahres ermittelten Polizei und Justiz, gestern schlugen 250 Beamte zu: Bei einer fünfstündigen Großrazzia wurden 27 Wohnungen und Büros durchsucht und eine Fälscherbande ausgehoben, die einen schwunghaften Handel mit gefälschten Tusma- Scheinen betrieben haben soll. Wie Justizsprecher Rüdiger Reiff gestern mitteilte, wurden 41 Personen vorläufig festgenommen. Den Arabern, Mongolen und Deutschen wird Urkundenfälschung, illegale Beschäftigung und Verstoß gegen das Ausländergesetz vorgeworfen.
Die Bande steht im Verdacht, seit einem Jahr gefälschte Vermittlungsscheine der studentischen Arbeitsvermittlung für 100 bis 250 Mark an illegale Einwanderer und Personen verkauft zu haben, die keine Studenten sind. Diese sollen die Scheine bei den jeweiligen Arbeitgebern vorgelegt haben.
Justizsprecher Reiff bezifferte den Schaden auf mehrere Millionen Mark. Die scheinbar gut organisierte Bande hatte nach Angaben von Reiff 100 Schwarzmarktkunden. Doch bisher ist unklar, wie viele Scheine die Abnehmer gekauft haben.
Als Drahtzieher der Fälscher gilt ein 33jähriger Mongole, der in einem Lichtenberger Studentenwohnheim festgenommen wurde, wo er nach Justizangaben auch lebte. Von dort aus soll er seine Geschäfte organisiert haben. Gegen den Mongolen sollte noch am Nachmittag ein bereits erlassener Haftbefehl vollstreckt werden. Ihm wird neben illegaler Beschäftigung und Urkundenfälschung sogenannter Beitragsbetrug vorgeworfen. Zu der Fälscherbande zählen auch zwei Deutsche.
Mark Schöffler vom Tusma- Vorstand erklärte gestern auf einer Pressekonferenz, daß bereits vor drei Jahren gefälschte Scheine aufgetaucht seien. Im Frühjahr vergangenen Jahres hätten sich die Fälle gehäuft. Seitdem arbeitet die studentische Arbeitsvermittlung mit dem Landeskriminalamt zusammen. Seit Anfang des Jahres werden die Vermittlungsscheine in der Bundesdruckerei hergestellt. „Die Arbeitgeber sehen oft nur auf das Firmenlogo und überprüften nicht die Echtheit“, beklagte Schöffler.
Die studentische Arbeitsvermittlung überprüft Arbeitsgenehmigungen und übernimmt die Abrechnung für die Firmen, die mit studentischen Hilfskräften Lohnnebenkosten sparen. Einen Tusma-Schein erhalten nur Studenten, die in Berlin immatrikuliert sind, eine Lohnsteuerkarte und eine Arbeitserlaubnis haben. Ein Vermittlungsschein gilt in der Regel sieben Tage. Jobangebote fanden die illegalen Arbeiter in Aushängen oder direkt bei Arbeitgebern auf Nachfrage.
Die Ermittler prüfen nun anhand des gestern beschlagnahmten Materials, ob die Fälscher auch in andere Verbrechen wie Menschenhandel verwickelt ist. Mehrere bei der Razzia gefundene, offenbar gefälschte Pässe und Reisedokumente deuten nach Angaben von Justizsprecher Rüdiger Reiff darauf hin. Torsten Teichmann
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