Handball-WM der Frauen: Aus dem Außen geworfen
Deutschland gewinnt 45:22 deutlich gegen Iran. Ein Spiel, bei dem es mehr zu lernen gab, als das Ergebnis ausdrückt.
Einfach nur Außenseiterinnen, das hätte nicht gereicht. Nein, die Iranerinnen gelten bei dieser Handball-WM, die aktuell in drei skandinavischen Ländern ausgetragen wird, als „krasse Außenseiterinnen“. Noch äußerer geht nicht.
Um diesen Status Irans zu illustrieren, gewann die deutsche Auswahl am Samstag im dänischen Herning mit 45:22. Für die deutschen Spielerinnen, die am Donnerstag schon gegen Japan gewannen, läuft es also. Am heutigen Montag geht es gegen Polen um den Gruppensieg. Die Iranerinnen, zum zweiten Mal bei einer WM dabei, wollen bloß nicht Letzte werden.
Innovativ tritt das Team auf. Nicht nur, weil Hidschabs im internationalen Sport, zumal in Ballsportarten, selten zu sehen sind. Innovativ wirkte auch die taktische Maßnahme, in Ballbesitz die Torfrau herauszunehmen und mit sieben Feldspielerinnen das Spiel drehen zu wollen.
Ob Hidschabs in einem Sport, in dem auch am Rande des Blickfelds alles wahrgenommen werden muss, einen Nachteil darstellen, ist schwer zu sagen. Die, die ihn tragen, verneinen das, und ihre Kompetenz dürfte am höchsten sein. Dass aber der Verzicht auf die Torfrau bei einer konterintensiven Sportart wie Handball, zumal gegen ein deutlich überlegenes Team, nicht die beste Idee ist, das dürfte das iranische Trainerteam bei der Auswertung der Niederlage herausfinden.
Noch ein Punkt sollte bei der Analyse Berücksichtigung finden: dass nämlich Fatemeh Khalili, die Torhüterin, genau die Spielerin im Team ist, die Iran zum erhofften ersten Sieg bei einem WM-Spiel verhelfen könnte. Im Auftaktspiel gegen Polen hielt sie so gut, dass die Polinnen nach 10 Minuten eine Auszeit nahmen, um sich neu zu sortieren. Dass Polen letztlich 35:15 gewann und auch nach diesen ersten 10 Minuten schon 6:1 führte, war letztlich keine Überraschung. Die Art und Weise, wie die Iranerinnen rund um Khalili verteidigten, schon.
Die 27-jährige Fatemeh Khalili spielt in der 2. rumänischen Liga, die im internationalen Vergleich nicht herausragt, aber aus Sicht des iranischen Handballs lässt sich daraus schon eine wichtige Erkenntnis gewinnen: Öffnung und das Sammeln von Erfahrung sind im internationalen Sport unerlässlich. Der Versuch hingegen, bloß in der heimischen Turnhalle und mithilfe von Lehrbüchern spielerisches Niveau steigern zu können, macht aus Außenseiterinnen nur krasse Außenseiterinnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen