: Hamburger Kino-Tips
Als Jim Carroll 1963 in den „Basketball Diaries“ ein Tagebuch zwischen seinem 13. und 16. Lebensjahr veröffentlichte, war er noch ein Geheimtip der New Yorker Dichterszene um den St. Marks Place. Mittlerweile sind seine Jugendsünden zur Schullektüre in den USA avanciert. Scott Kalverts Erstling Jim Carroll – In den Straßen von New York erzählt nun den freien Fall vom Basketball-Profi zum obdachlosen Fixer. Insbesondere Leonardo DiCaprio als Titelheld und Juliette Lewis als heroinabhängige Prostituierte glänzen in dem Streifen, der einen Teil der amerikanischen Jugendkultur für deutsche Kinogänger belichtet. Der Film wird im Original ohne Untertitel gezeigt. 5. bis 15. 10., Abaton, 22.45 Uhr
Der Hamburger Regisseur Niko Brücher ist mit Maries Lied tief in das Preußen des frühen 19. Jahrhunderts getaucht. Die 15jährige Marie bewohnt mit ihrer Mutter ein Anwesen, wo beide recht zurückgezogen und entrückt leben. Bis die Männerwelt in Gestalt von Soldaten, die ihr Landgut besetzen, eindringt. Marie entwickelt Leidenschaften für zwei unterschiedliche Männertypen und fühlt sich ebenso zu dem verwegenen Offizier Friedrich wie zu dem zarten Zögling Auguste hingezogen. In seinem zweiten Spielfilm zeigt Niko Brücher ausgiebig die ungeschminkten Gesichter des letzten Jahrhunderst und die prallen Landschaften Preußens. 5. bis 14. 10. , Abaton, 18 Uhr
Im Frühjahr 1992 kamen orthodoxe Juden der Athra Kadisha nach Hamburg, um gegen die Zerstörung des jüdischen Friedhofs in Ottensen zu demonstrieren. Der Protest blieb erfolglos, teilweise wurde er sogar mit rüdem Antisemitismus beantwortet. Anläßlich der Eröffnung des Mercado-Kaufhauses auf dem Gelände ruft das Lichtmeß-Kino nun mit Beth Hachajin – Haus des Lebens den Protest in Erinnerung. Der Dokumentar-Film von Jens Huckerieder zeichnet die bewegte Geschichte des Friedhofs nach und verdeutlicht über Interviews die Hintergründe des beinahe vergessenen Konflikts um den Neubau. Do, 5. 10. Lichtmeß, 21 Uhr Am 8. März 1951, kurz vor Mitternacht, flackerten die Glühbirnen in den Korridoren von Sing Sing viermal. Gerade wurden die fette Krankenschwester Martha Beck und Raymond Fernandez, die als „Honeymoon Killers“ in die Kriminalgeschichte eingehen werden, hingerichtet. Ihr Antrag, gemeinsam exekutiert zu werden, er auf ihrem Schoß, wurde abgelehnt. Solch eine Kombination aus amour fou und kaltblütigem Morden – sie sollen als Heiratsschwindler mindestens 20 Menschen getötet haben – erregt nicht erst seit Natural Born Killers die Phantasie der Filmemacher. Mit seinem auf dem authentischen Fall basierenden Film Honeymoonkillers (Szenenfoto) setzte der Regisseur und Drehbuchautor Leonard Kastle den beiden Serienkillern 18 Jahre später ein schonungsloses Denkmal. Wiederum elf Jahre später wurde Alex Cox von der BBC mit dem Ausspruch zitiert: „In manchen Szenen errinnert Honeymoonkillers an die bizarren Filme von Warhol oder Waters, aber die meiste Zeit wirkt er so glaubwürdig, spontan und naturalistisch, daß man meint, das alles passiere real vor der Kamera.“ 5. bis 10. 10., 3001, 21 Uhr
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