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Hamas und Fatah auf gleicher Fahndungsliste

■ Israelis jagen in Gaza Islamisten und zu PLO-Chef Arafat loyale Palästinenser

Gaza/Kairo (AFP/AP/taz) – Mindestens 55 Palästinenser wurden gestern im Gaza-Streifen von israelischen Besatzungstruppen verletzt, einige von ihnen schwer. Seit die Israelis am Sonntag einen 25jährigen Kämpfer der Fatah- Falken erschossen und am Montag den Chef der Organisation festgenommen haben, kommt es in dem Gebiet nicht mehr zur Ruhe. In Gaza-Stadt, in dem Flüchtlingslager Dschabalija und in anderen Ortschaften schossen die israelischen Militärs gestern auf protestierende Palästinenser. Die Demonstranten steckten Reifen in Brand und bewarfen die Soldaten mit Steinen.

Die Fatah-Falken sind der bewaffnete Arm der von PLO-Chef Jassir Arafat geführten Fatah in den besetzten Gebieten. Im Gaza- Streifen soll es etwa 550 davon geben. Nach den Plänen der PLO- Führung sollen sie nach dem israelischen Rückzug einen Teil der palästinensischen Polizei bilden.

Die Unruhen im Gaza-Streifen hatten am letzten Donnerstag begonnen, nachdem israelische Soldaten Imad Akal, den Führer des bewaffneten Armes der islamistischen Hamas-Bewegung, getötet hatten. Nach israelischen Presseberichten sollen rund 40 militante Palästinenser auf den Fahndungslisten der israelischen Militärs stehen. Bis zum Wochenende hatten die Soldaten aber schwerpunktmäßig Anhänger der islamistischen Organisationen Hamas und Dschihad Islami verfolgt. Die PLO-Führung hatte mit der israelischen Regierung ausgehandelt, daß gesuchte Mitglieder der Fatah-Falken, die sich den israelischen Behörden stellen, straffrei ausgehen. Der am Sonntag erschossene Ahmad Abu Risch hatte dies zwei Wochen zuvor getan und war nach israelischen Angaben von den Fahndungslisten gestrichen worden. Nach seinem Tod hatten Fatah-Falken in einem Flugblatt angekündigt, den Kampf gegen die israelischen Besatzer wieder aufzunehmen. Am Montag nahmen israelische Soldaten den Chef der Organisation, den 26jährigen Taisir Salah Mansur, und zwei weitere Mitglieder der Fatah-Falken in der Stadt Rafah fest. Gestern skandierten dort Mitglieder von Hamas und den Fatah-Falken gemeinsam: „Wir fordern die PLO- Führung auf, sofort die Gespräche mit Israel zu stoppen.“ In einem von der Fatah-Jugendorganisation Schabiba veröffentlichten Flugblatt hieß es: „Der Friedensprozeß wird uns nicht die Hände binden, den bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen.“

Der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin forderte gestern die israelische Armee auf, in den besetzten Gebieten so viele gesuchte Palästinenser wie möglich festzunehmen, dabei aber „unnötige Zusammenstöße“ zu verhindern. Der Tod des Falken-Mitgliedes am Freitag habe „Schaden und Komplikatiionen“ verursacht. Er habe wegen der Angelegenheit „einige Telefonanrufe“ aus der PLO-Zentrale in Tunis erhalten. Die PLO habe ferner die von ihm angebotene schrittweise Entlassung von in isralischen Gefängnissen sitzenden Palästinensern abgelehnt. Nach Schätzungen des Roten Kreuzes halten die Israelis 11.000 Palästinenser gefangen. PLO-Chef Arafat verlangt die sofortige Freilassung aller Inhaftierten. Rabin besteht jedoch darauf, Palästinenser, die sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben, weiterhin festzuhalten.

Unterdessen gingen in Ägypten die Verhandlungen über die Umsetzung des „Gaza-Jericho-Abkommens“ weiter. In Kairo und der Wüstenstadt el-Arisch trafen sich gestern israelische und palästinensische Delegationen zu Geheimgesprächen. Die Palästinenser bestanden weiterhin darauf, daß die Israelis wie angekündigt bis zum 13. Dezember mit dem Abzug ihrer Soldaten aus dem Gaza-Streifen und Jericho beginnen. Die isralische Regierung hatte am Sonntag eine Verschiebung um ein bis zwei Wochen angekündigt. Die Verhandlungen in Ägypten sollen eine Woche dauern.

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