piwik no script img

■ Urdrüs wahre KolumneHalblang auf Brautschau

Beim niedersächsischen Open Hair Festival der Friseure in Hannover nahm Ministerpräsident Gerhard Schröder die Siegerehrung in der Disziplin Meisterhaftes Styling und Braut-Make-Up vor. Für die Teilnehmer des Wettbewerbs „Kids frisieren Kids“aber hatte der permanente Kanzlerkandidat nicht mal einen feuchten Händedruck. Das paßt zu diesem Hauruck-Sozi natürlich bestens (Dies ist die erste von 50 Informationen der Kampagne „Schröder verhindern!“).

t

Natürlich wollte auch ich mir nicht entgehen lassen, wie bei der Aufführung des zeitkritischen Lustspiels „Ballermann 6“Kinositze aufgeschlitzt und Aschenbecher als Urinal benutzt würden. War dann aber alles Lüge. Der einzige Herr, der den Kleinstadtkinosaal an diesem Abend trotz Fußball im Fernsehen mit mir teilte, war mein früherer Englischlehrer mit Ehefrau, der mich trotz eines Dritteljahrhunderts zeitlichen Zwischenraums sofort erkannte und mit den Worten ansprach: „Reineking, bestimmt wieder kein Taschentuch dabei!“Für manche Menschen bleibt man stets Parka-Träger!

t

Dramatische innenarchitektonische Umgestaltungen und Veränderungen hat meine bevorzugte Kurzwaren-Einkaufsquelle, die Bremer Kaufhalle am Brill, erfahren, so daß selbst der Stammkunde nach einigen Wochen Abwesenheit nichts mehr wiederfindet. So muß ich denn die platinblonde Kassiererin fragen, wo nunmehr die halblangen Unterhosen sortiert sind, und bekomme daraufhin zu hören: „Mönsch, du bist doch noch'n jungen Keerl. Willste wirklich mit den Dingern auf Brautschau gehen?“Man dankt für die Blumen!

t

Schwachsinn mit Schwachsinn aufheben will erklärtermaßen die Viertel-Ikone Günther Kahrs alias Meister Propper und lädt mich per persönlichem Anschreiben und im Auftrag einer Initiative BMW (Bunte Männer Welle) zu einer Kunstaktion namens „Mösen Boy Kotz“für Dezember ins Lagerhaus ein. Ob der ex-bündnisgrüne Ex-Parlamentarier so die Mehrheit der Eisenhänse für seine Bürgermeisterkandidatur mobilisieren kann? Gehören Frank Haller und Hartmut Perschau zur BMW? Stimmt es, daß Walter Kempowski beim nächsten „open mike“der Socialbeat-Literaten aus seinen Tagebüchern der geheimen Obsessionen vorträgt? Fragen, die Meister Propper in seiner Egozentrik einfach offen läßt.

t

„Sind wir denn total verrückt?“fragen die Wirtsleute Hanne & Rudi die trinkende Öffentlichkeit per Aushang in einer Neustadt-Kneipe und bieten zum 11.11. ab 11 Uhr 11 für 11 Mark (Sie ahnen es!) und 11 Pfennige ein „Karnevalsgedeck“an, bestehend aus 11 Bieren oder Doppelkörnchen, inklusive eines „Nachtischs“in Form eines Kondoms. Einschränkung dabei: Pro Gast wird das Gedeck nur einmal serviert. Sach mich da noch einer, daß die linksweserigen Bremer kein lustiges Völkchen sind!

t

Gestern stand ein Satz in dieser Ihrer Bremer TAZ, der nicht für die Katz sein darf und deshalb als Wort zum Wochenende erneut und ausdrücklich zum Einsticken in die kleine Unterdecke auffem Fernseher zitiert sei: „An diesem Ort wird die Welt des Flimmerns künftig der Welt der Originale gegenübergestellt“. Nicht Thomas Bernhardt, nicht Uwe Johnson und nicht Elfriede Jellinek. Sondern Bringfriede Kahrs anläßlich des Richtfestes im „Übermaxx“. Das ist schon mal ein bißchen Bürgerstolz auf die Kultursenatorin wert, und gern auch noch eine kleine Stadtschreiberinnenwohnung am Güterbahnhof. Meint fast im Ernst

Ulrich „Redsox“Reineking

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen