Kommentar: Halber Sieg
■ Die rot-grüne Bundesregierung einigt sich auf ein passables neues Atomgesetz
Nun ist es also auf dem Weg, das neue Atomgesetz, und das ist gut so. Nicht weil nun ein schnelles Ende der Atomindustrie naht – diese wird das Abschalten der AKW auch unter einer rot-grünen Bundesregierung noch viele Jahre hinauszögern. Hier bleiben von der Anti-Atom- Seite noch viele Wünsche offen.
Der gestrige erste Atomkompromiß zwischen Trittin, Schröder und Co. hat jedoch keine Seite so weit brüskiert, daß sie nun auf dem Gebiet Umweltschutz und Atom nicht mehr weiter miteinander verhandeln könnten. Die AKW-Betreiber fanden die Wiederaufarbeitung intern sowieso zu teuer und brauchten sie hauptsächlich als Entsorgungsnachweis für ihren Strahlenmüll. Und die SPD hat bei der Wiederaufarbeitung auch nicht gleich die Genossen von der IG Bergbau, Chemie, Energie im Nacken, der Zehntausende bestehende Arbeitsplätze in den Atomzentralen wichtiger sind als die Hunderttausenden von den Grünen versprochenen neuen Stellen auf dem alternativen Energiesektor.
Und das Miteinander-reden-Können wird in der Koalition noch genug strapaziert werden, allein beim Umweltschutz gilt es noch viel zu feilschen: die Benzinpreiserhöhung, die Fahrverbote bei Sommersmog, Energiesparen und Klimaschutz, die Bahnpolitik und und und.
Allerhand Ziele also, von denen nur einige zur Zufriedenheit derer gelöst werden, die die Umwelt wichtiger nehmen als den Verdienst einiger Industriezweige. Doch egal, was noch kommt – allein das baldige Ende der Wiederaufarbeitung ist mehr, als die alte Bundesregierung unter Kohl je auf diesem Sektor gewagt hätte. Und der Ausstieg aus den WAA-Verträgen wird dafür sorgen, daß der Atommülltourismus nicht weiter wächst, daß die Bürger in weitem Umkreis um die Anlagen nicht weiter verstrahlt werden und daß der Atomsektor in Frankreich und England nicht weiterhin auch mit Hilfe der deutschen Steuermilliarden am Leben gehalten wird. Denn bei den Einkünften der Stromkonzerne geht es schließlich um das Geld jedes einzelnen: Der Staat genehmigte bisher reibungslos die überhöhten Rückstellungen für Atomprojekte in den Bilanzen und höhere Strompreise für die Kunden auch angesichts der Wiederaufarbeitungskosten. Das wird mit dem neuen Atomgesetz zum Teil ein Ende finden. Und der Rest bleibt spannend. Reiner Metzger
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