: Hafturlauber als Medienschreck
■ Unglückselige Regieanweisung (?) in der Familienserie „Drombuschs“ — Brief an das ZDF
Wir, eine Grupe im Berliner Strafvollzug, in der Insassen und freie Bürger gemeinsam an der Verbesserung des Justizvollzuges arbeiten, müssen unserer Bestürzung über die falschen Darstellungen von „Haftgesetzen“ in Ihrer Anfang des Jahres ausgestrahlten Familienserie „Diese Drombuschs“ Ausdruck verleihen!
Es war sicherlich eine sehr unglückselige Regieanweisung (oder war es Absicht?) ausgerechnet einen aus der Haft beurlaubten Strafgefangenen als Polizistenmörder auftreten zu lassen...
Die im Anschluß daran aufgestellten Behauptungen, daß erstens die Haftgesetze Schuld seien, daß solche Menschen überhaupt noch raus- bzw. auf die Öffentilicheit losgelassen werden, damit sie dann- quasi mit staatlicher Unterstützung — ihr Mordwerk tätigen können, und daß zweitens Polizeibeamte ermordet werden „dürfen“, während die Gewalttäter dann, quasi zur „Belohnung“ Urlaub aus der Haft bekommen, entbehren jeder Grundlage.
Sie haben entweder sehr sehr schlecht recherchiert, oder Sie wollen die unbedarfte öffentlichkeit allgemein gegen Gefangene aufhetzen...!
Um nur eine Zahl aus der Statistik zu nennen: der so bezeichnete Mißbrauch von Vollzugslockerungen (Ausführungen, Ausgänge und Urlaub) liegt derzeit bei 0,6 Prozent. In dieser Zahl enthalten sind auch solche „schweren Verbrechen“ wie zu spät oder nicht freiwillig in die Vollzugsanstalt zurückzukehren, nicht nüchtern zu sein, und ähnliches...!
Wir bieten Ihnen an, sich bei Fachleuten sachkundig zu machen. Dazu laden wir Sie zu einem unserer regelmäßig stattfindenen Gruppentreffen ein. (...)
In jedem Fall bitten wir Sie bei nächster Gelegenheit eine Klarstellung in Sachen „Haftgesetze“ (Die heißen übrigens Strafvollzugsgesetze!) und „Urlaub aus der Haft“ vorzunehmen! Hierzu bieten sich die geplanten Fortsetzungen der Serie „Diese Drombuschs“ sicherlich sehr gut an. (...) Gruppe Arbeitskreis Öffentlichkeitsvollzug, Leiter Hans Wilker (Tel. 030-6248488)
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