: Haftbedingungen beschäftigen US-Gerichte
Anwalt kündigt Klagen von 33 Guantánamo-Häftlingen an. Haftbefehl gegen Ex-Guantánamo-Insassen in Frankreich
WASHINGTON/PARIS ap/afp ■ Die US-Regierung muss mit zahlreichen weiteren Klagen gegen die Haftbedingungen im Gefangenenlager Guantánamo rechnen. Ein amerikanischer Anwalt kündigte am Samstag Klagen im Namen von 33 Insassen aus mehreren arabischen Staaten an. Erstmals seit Errichtung des Lagers auf Kuba vor zweieinhalb Jahren erhielt unterdessen einer der Gefangenen Gelegenheit, seine Haft anzufechten. Die interne Anhörung vor zwei Offizieren fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Washington hatte die eigenen Haftüberprüfungen vor Militärausschüssen als Reaktion auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA angekündigt. Die Richter entschieden Ende Juni, dass die Guantánamo-Häftlinge entgegen der Meinung der Regierung Zugang zu amerikanischen Gerichten erhalten müssten, um ihre Inhaftierung anzufechten.
Rund 50 Guantánamo-Häftlinge haben bereits Klage vor einem Bundesgericht in Washington eingereicht. Das US-Justizministerium erklärte dazu am Freitag, die Gefangenen dürften jetzt zwar Besuch von ihren Anwälten erhalten, allerdings nur unter Auflagen. Die Regierung betonte, auch wenn die Gefangenen nach dem Urteil des Supreme Court das Recht auf ein Gerichtsverfahren hätten, bedeute dies nicht, dass ihnen die von der amerikanischen Verfassung garantierten Rechte zustünden.
Bei den von den Streitkräften selbst vorgenommenen Haftüberprüfungen im Lager steht den Gefangenen kein Anwalt zur Verfügung, ihnen wird lediglich ein Offizier zur Seite gestellt. Menschenrechtler kritisieren, die Gefangenen hätten damit keine echte Chance, ihre Haft anzufechten. Im schlimmsten Fall könnte sich die Anhörung sogar negativ auf ein späteres Gerichtsverfahren auswirken, warnte Deborah Perlstein von der Organisation Human Rights First.
Unterdessen sind in Frankreich gegen vier ehemalige französische Häftlinge des US-Lagers Guantánamo Ermittlungsverfahren wegen Terrorverdachts eingeleitet worden. Gegen Nizar Sassi, Mourad Benchellali, Brahim Yadel und Imad Achab Kanouni, die vor einer Woche an Frankreich überstellt worden waren, werde wegen Verbindungen zu einer Terrorgruppe oder im Zusammenhang mit terroristischen Vorhaben ermittelt, verlautete am Samstagabend aus Justizkreisen in Paris.
Die vier Männer zwischen 23 und 33 Jahren, die vor mehr als zwei Jahren von US-Truppen in Afghanistan festgenommen worden waren, blieben zunächst weiter in Untersuchungshaft. Benchellali und Sassi sagten nach Angaben ihrer Anwälte aus, in Guantánamo von US-Aufsehern misshandelt worden zu sein. So seien sie durch den Anblick nackter Frauen provoziert, mit Hunden bedroht und mit vorgehaltener Waffe verhört worden, sagten deren Anwälte. Gefangene aus dem Nahen Osten, besonders aus Saudi-Arabien, seien gezwungen worden, pornografische Filme anzuschauen, und von „halb nackten Frauen“ verhört worden. Washington und Paris hatten sich Anfang Juli geeinigt, sechs der sieben französischen Guantánamo-Häftlinge zu überstellen.