Hacklstecken und Besenstiel: Der Kaiser als Golfer
Franz Beckenbauer wollte nicht nur den großen Lederball beherrschen. Sein Handicap war bemerkenswert gut, aber sein Golfturnier steht vor dem Aus.
L ängst sind alle Lobreden auf den lichternen Fußballmonarchen verfasst, inklusive der Schattenwürfe. Franz Beckenbauers Leidenschaft fürs Golfspiel war kaum Thema. Dass es sehr schlecht um ihn stand, war schon im vergangenen Sommer abzusehen. Erstmals nach 33 Jahren fiel der „Kaiser Cup“ aus, sein Charity-Turnier in Bad Griesbach. Er könne nicht kommen, wegen der Gesundheit. Und sogar: Das Turnier werde eingestellt. Kein Golf?! Ein untrügliches Alarmsignal.
Beckenbauer war ein sehr guter Golfer, Ende der 90er Jahre hatte er ein beachtliches Handicap 7. Das heißt, er konnte einen Platz mit 72 Normschlägen für Profis um die 80 herum spielen, gelegentlich auch darunter. „Es gibt nichts Schöneres, als einen Golfball 200 Meter geradeaus zu schlagen“, beschied er einmal. 200 Meter: Das gelang mit einem Fußball selbst ihm nie.
Der Franz-Beckenbauer-Course im „Quellness & Golf Resort Bad Griesbach“ ist, wie der Autor dieser Zeilen einmal selbst erleben musste, ein höllisch schweres Geläuf. So fies, als wolle der Kaiser (oder der Platzarchitekt, Bayernspezl Bernhard Langer) allen zeigen: Leute, ohne Ansätze von Genialität an Holz und an Eisen werdet ihr in diesem Qualness-Resort gnadenlos scheitern. Happige 110 Euro kostet hier das Greenfee, das ist etwa doppelt so viel wie sonst üblich. Dafür ist die Spielgebühr aber, ziemlich ungewöhnlich, als Tagespreis angesetzt. Das heißt: Man kann sich auch zwei Runden lang in Beckenbauers Aura foltern und ärgern. Ja mei.
Zum Golf kam Beckenbauer 1982 über seine Ex Diana Sandmann. Er hatte beim HSV angeheuert und begleitete sie zum Golfclub Hoisdorf. „Gib mal her, den Hacklstecken“, habe er gesagt. Über seinen ersten Versuch sagte Sandmann später: „Er hielt den Schläger wie einen Besenstiel. Aber er feuerte den Ball Richtung Unendlichkeit.“ Der Trainer habe gestaunt: „Wer hat denn diesen fantastischen Schuss losgelassen?“ Klar, was der Franz anfasst, wird zu Gold. So war das immer. Selbst Besenstiele.
Der Jähzorn des Kaisers
Insbesondere in seinen ersten Jahren auf den grünen Nichtfußballplätzen war Beckenbauer überdurchschnittlich obsessiv und schnell richtig gut. Kein Wunder bei seinem überragenden Ballgefühl? Es war wohl umgekehrt: Der Franz, hieß es, spiele deswegen so gern Golf, weil er den kleinen Ball eben nicht so selbstverständlich gebändigt bekommt wie den großen. Da werde er grantig und eben besonders ehrgeizig.
Was Beckenbauer später bestätigte: Den ersten Versuch in Hoisdorf 1982 habe er in Wahrheit nämlich vergeigt. „Da liegt ein Ball, und ich hau vorbei! Ich hab gedacht: Du als Ballgenie kommst mit diesem kleinen Ball nicht zurecht? Wo nicht einmal einer versucht, ihn dir wegzunehmen wie beim Fußball!“
Wehe, es lief später mal nicht. Den jähzornigen Franz gab es auch beim Golf. Einmal soll er (Quelle: Oliver Kahn) aus Wut über einen verrissenen Schlag sein Bag samt aller Schläger in einem See versenkt haben. Beckenbauer dementierte; nur ab und an mal einen Schläger, ja mei, den habe er schon mal wutentbrannt durch die Gegend gefeuert. 2008 gelang ihm im Salzburger Golfclub Altentann ein Hole in One.
Schon der junge Beckenbauer hatte sich zur Wiedergeburt geäußert. Er glaube daran, franzelte er einmal, und wolle am liebsten als Frau den nächsten Durchlauf auf Erden machen. Im Golf wäre das eine Proette, so heißen Profispielerinnen statt männlich Pro. Oder kommt er doch irgendwann als Reinkarnation von Jack Nicklaus zurück oder als Kaiser Woods? Mit dem Tiger spielte er mal eine Runde in Sankt Leon-Rot, sein größtes Golferlebnis, wie er sagte.
Noch edler wäre indes, auch ohne Golf, eine Wiedergeburt als Olli Dittrich, also als sein eigenes Double. Das wäre in der Geschichte des Reinkarnationismus sicher ein Novum. Und so kaiserlich angemessen wie ein Hole in Zero.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag