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Archiv-Artikel

HAMBURGER SZENE VON MAXIMILIAN PROBST Ganz schön widerlich

Was mache ich? Mich an die Devise halten: Gutes tun und darüber reden. Was kein Deut besser ist als schaden und schweigen

Undank allerorten: Da drücke ich einem verwahrlosten Mann an der S-Bahn einen Euro in die Hand, und was tut er? Nichts. Kein Wort kommt über seine Lippen, nicht eine Regung, die davon zeugte, dass er mich zur Kenntnis genommen hat, es sei denn, ich wollte die Geste als Gruß deuten, mit der er die halbvolle Kornflasche – aus Säufersicht: halbleer – vor seine Augen hielt und zum Mund führte.

Als ich dann später im Café einer älteren Dame die Tür aufhalte und sie die Augen nicht vom Boden hebt – geschenkt. Sie muss vielleicht auf ihre Füße achten. Aber dass sich gleich zwei Anzugträger an ihre Fersen geheftet hineindrängen, deren Blicke so kühl durch mich hindurchgehen als sei ich ein Hotelpage, ist schon weniger erquicklich. Und dann erst der Mann, dem ich neulich…

Aber igitt, was mache ich da eigentlich, ich meine, indem ich hier erzähle? Mich letztlich an die Devise halten: Gutes tun und darüber sprechen. Was bekanntlich und wie so oft keinen Deut besser ist als das Gegenteil: schaden und schweigen. So wie ein mir nicht weiter Bekannter, von dem mein Rad kürzlich seine Acht empfing. Oder wie ein mir sehr gut Bekannter, der sich unseren Kinderwagen auslieh und ihn wortlos in einem Zustand zurückbrachte, den gebrechlich zu nennen eine Untertreibung gewesen wäre. Na fein. Wie sind wir nicht alle widerlich!