: Gute Gewinne im Gemischtwarenladen
■ Veba-Konzern hat wenig Probleme / Trotzdem wird „Belegschaftsstand“ angepaßt
Düsseldorf (taz) – „Unser Strombereich versorgt jetzt ein Drittel der Fläche und knapp ein Viertel der Bevölkerung der Bundesrepublik.“ Nüchtern liest Veba- Vorstandschef Ulrich Hartmann Wort für Wort seine Rede ab. Im Gegensatz zu den meisten Firmenbossen kann er bei der Vorstellung der Bilanz in vielen Geschäftsbereichen Verkaufssteigerungen vermelden. Strom, Öl, Plastik, Erze, aber auch Containertransporte und der Handel mit Seidenmalereifarben und exotischen Pflanzen brachten dem aus rund 700 Unternehmen mit knapp 130.000 Beschäftigten bestehenden Gemischtwarenladen einen Umsatz von 66,3 Milliarden Mark.
Zwar sackte der Gewinn um 9 Prozent auf 825 Millionen Mark ab. „Aber das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis ist nahezu unverändert“, beruhigt Hartmann die Anleger. 13 Mark Dividende sollen sie in diesem Jahr für jede Aktie bekommen; im letzten Jahr waren es noch 12 Mark gewesen.
Trotz landesweit sinkenden Stromverbrauchs konnte die PreussenElektra 3,4 Prozent mehr Umsatz machen als im Vorjahr. Der Grund: Die privaten VerbraucherInnen zapften ihre Steckdosen intensiver an als 1992. Anfang des Jahres expandierte die Besitzerin von sieben westdeutschen AKW und mehr als 20 weiteren Kraftwerken in den Osten der Republik und übernahm bei vier regionalen Energieversorgern die Mehrheit: In der nächsten Bilanz wird deshalb sogar mit einem Mengenplus von 18 Prozent gerechnet. Außerdem ist die in Hannover ansässige Veba-Tochter mit der Breuel-Behörde handelseinig geworden, daß sie jeweils mehr als ein Viertel des Kapitals des Verbundunternehmens Veag und des Braunkohlewerks Laubag übernimmt.
Unzufrieden ist man in der Veba-Chefetage in punkto Strom denn auch nur mit den wegen spröder Röhren vorübergehend stillgelegten Atommeilern in Krümmel und Stade: „Wir haben deutliche Anzeichen, daß die Verzögerung der Wiederinbetriebnahme nicht technisch bedingt ist“, so Vorständler Hans-Dieter Harig. „Aber es ist juristisch schwierig, das anzufechten.“
Schlecht sieht es bei Veba, genau wie bei der Konkurrenz, im Chemiebereich aus. Allein die PVC- und Kautschukproduktion verursachten ein Loch von 150 Millionen Mark. Nur bei Spezialchemikalien konnten noch schwarze Zahlen geschrieben werden. 8.000 blaue Briefe verschickte das Personalbüro von Hüls seit 1991. Hartmann spricht nicht von Entlassungen, sondern umschreibt das unschöne Phänomen lieber als „Anpassung des Belegschaftsstandes“. In Korea und Japan baute der Konzern dafür neue Kapazitäten auf. Insgesamt aber sind die Investitionen in diesem Bereich stark rückläufig.
In der Ölbranche sieht es trotz sinkender Rohstoffpreise etwas besser aus. Veba Oel bohrt zur Zeit in Zentral-Kasachstan und Wolgograd, um billig an das scharze Gold heranzukommn. „Mit rund zwei Dollar pro Barrel liegen die Erschließungskosten hier bei der Hälfte des vergleichbaren internationalen Richtwerts“, konstatiert Hartmann. „Der Vertriebsbereich macht uns viel Freude“, so der Konzernchef. Schon 205 Araltankstellen stehen in den neuen Bundesländern, und auch immer mehr Ungarn, Tschechen und Polen können ihren Sprit aus blau-weißen Zapfsäulen tanken. Bei den Massenkunststoffen Polyolefinen bekommt Veba Oel allerdings die asiatische Konkurrenz zu spüren. Zur Zeit werde über eine Kooperation verhandelt. Mit wem, verrät Hartmann nicht.
„Andauernde Verluste oder bestenfalls ausgeglichene Ergebnisse können wir auf Dauer nicht hinnehmen.“ Der Mann spricht völlig emotionslos. Ein Lächeln, ein lauteres Wort wirkt in der steifen Herrenrunde, die sich auf einem Podium hoch über dem randvollen Rhein versammelt hat, geradezu als Gefühlsausbruch.
Zur Zeit lassen die Herren der Chefetage prüfen, ob Veba sich im Telekommunikationsbereich ein neues Standbein aufbaut. Annette Jensen
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