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Gute Absichten

Zwei Filme mit unerreichten Vorbildern  ■ Aus Cannes Thierry Chervel

Mit Best Intentions hat Bille August (der hier 1989 für Pelle der Eroberer die Goldene Palme bekam) nach einem Drehbuch von Ingmar Bergman die Geschichte von Bergmans Eltern verfilmt. Wie sie sich fast nicht gekriegt hätten und wie sie sich fast wieder getrennt hätten. Der Film hört 1918 auf, also dort, wo Bergmans Autobiographie anfängt — das heißt, nicht ganz: Anna, Bergmans Mutter, ist gerade hochschwanger mit Ingmar. Beinahe wäre er ohne Vater aufgewachsen. Anna hatte es in der Pfarrei im äußersten Norden des Landes nicht mehr ausgehalten und war zu ihrer Mutter nach Uppsala zurückgegangen. Er gibt am Ende auf. Sie werden ins Königliche Stockholmer Hospital gehen, wo ihm eine Stelle als Krankenhauspfarrer angeboten wurde.

Best Intentions kann sich mit Bergmans Fanny und Alexander (1983) nicht messen, der ja auch viel Autobiographisches enthielt. Aber das darf man ihm nicht übelnehmen: Vor Fanny und Alexander verblaßt fast jeder Film. Best Intentions ist trotz seiner drei Stunden Länge nicht langweilig, gut fotografiert, gut gespielt. Gut erzählt ist er sowieso.

Sidney Lumets A Stranger among us verblaßt vor einem geringeren Vorbild, wenn auch sehr schönen Film, Peter Weirs Der letzte Zeuge. Bei Weir spielte Harrison Ford einen Cop, der unter Amish people gerät. Bei Lumet spielt Melanie Griffith eine „police person“ aus Brooklyn, die sich zwecks Aufklärung eines Mordfalls unter streng orthodoxe chassidische Juden begibt.

Es ergibt sich das gleiche Muster aus Kulturschock und Anziehung, Folklore und romantischer Erotik— denn natürlich verliebt sich „police person“ Emily in Ariel, den Sohn des Rebbe. Seine Schläfenlocken baumeln so malerisch über der Kabbala, wenn er memoriert. Aber Lumet ist halt nicht so ein Virtuose wie Weir. Bei Weir waren Plot und Liebesgeschichte unauflöslich ineinander verflochten. Bei Lumet wirkt der Mordfall — ein Diamantenhändler wurde erschossen und beraubt — nur um der erotischen Konfrontation der harten Polizisten und des sanften Traditionalisten willen herbeigeholt. Diese bleibt zur Strafe kitschig und unglaubwürdig. Allzu plakativ sind die gegenseitigen Irritationen, allzu summarisch die weltanschaulichen Plädoyers. Gar die Erotik! Zwar erfährt man, daß die Kabbala da ein paar sehr konkrete Tips gibt, aber befolgt werden sie nicht.

Symptomatisch ist, daß Lumet die Szenen im Brooklyner Stedl in anderem Licht filmt als die nüchterne Geschäftigkeit des übrigen New York. Gelblich gefiltert sind besonders die Innenszenen, was wohl so etwas wie Geborgenheit und Zusammenhalt signalisieren soll. So oberflächlich und konstruiert wie dieser technische Effekt ist der ganze Film.

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