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Gutachter enttäuscht im Brandprozeß

■ Im Lübecker Verfahren gegen Safwan Eid verheddert sich der Brandgutachter Achilles in Widersprüche. Wo das Feuer im Asylbewerberheim letztlich ausbrach, bleibt nach wie vor umstritten

Berlin (taz) – Ernst Achilles hat nicht gehalten, was die Verteidigung sich von ihm erhofft hatte: wesentliche Aufschlüsse darüber, wo das Feuer in dem Lübecker Flüchtlingsheim ausgebrochen sein könnte, bei dem in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar vorigen Jahres zehn Menschen ums Leben kamen. Mittwoch nun entließ ihn Richter Rolf Wilcken aus dem Job des Brandsachverständigen. „Drei Sätze von Herrn Achilles können von Relevanz gewesen sein“, teilte er mit, der Rest hat ihn offenbar an der Kompetenz des pensionierten Chefs der Frankfurter Feuerwehr zweifeln lassen.

Der Hesse vertrat medienwirksam und auf Bitten der Verteidigerinnen des Angeklagten Safwan Eid die These, daß der Brand im Erdgeschoß des Hauses ausgebrochen sein müsse. So dachte Achilles, nachweisen zu können, daß das Feuer von Dritten außerhalb des Hauses gelegt wurde. Doch der Feuerwehrmann, der bis dato dem Lübecker Jugendgericht keine schriftliche Expertise seiner Annahmen vorgelegt hat, verhedderte sich in der vergangenen Wochen in Widersprüche: Weder überzeugte sein Computersimulationsprogramm noch seine methodischen Ausführungen über den Brandverlauf. Staatsanwalt Michael Böckenhauer, der schon vor Monaten an der Seriosität des Frankfurters zweifelte, aber auch die Verteidigerinnen Gabriele Heinecke und Barbara Klawitter stimmten der Entbindung Achilles' aus dem Gutachterjob zu. Heinecke, die wie ihre Kollegin Klawitter sich auf einen Freispruch mangels Beweisen einzustellen scheint, wies zugleich auf die „Einseitigkeit auch anderer Sachverständiger“ hin – ohne dies näher zu belegen. Safwan Eids Verteidigung will statt dessen nun einen britischen Brandexperten zu Wort kommen lassen. Am 47. Verhandlungstag des Lübecker Brandprozesses unterstützte indes der Sachverständige Peter van Bebber vom Bundeskriminalamt das Gutachten des Kieler Landeskriminalamts: „Zweifelsfrei“, so van Bebber, sei der Brand im ersten Stockwerk des Gebäudes ausgebrochen. Dort gefundene Brandstellen seien nicht zu erklären, wenn das Feuer im Parterre ausgebrochen wäre. Nahezu ausgeschlossen wäre demnach die Theorie, daß die inzwischen als „Grevesmühlener“ bekannten Jugendlichen für einen Brandanschlag von außen verantwortlich zu machen sind – was allerdings, gibt auch Staatsanwalt Böckenhauer zu, nicht bedeuten muß, daß deshalb Safwan Eid das Feuer gelegt haben muß. Verteidigung und Staatsanwaltschaft werden noch Beweisanträge stellen. Mit Plädoyers vor dem Frühsommer ist daher nicht zu rechnen. Jan Feddersen

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