■ Press-Schlag: Gut und Böse
Als das olympische Feuer erlosch, glühten 40.000 Taschenlampen weiter – in memoriam Sarajevo. Gespendet von einer Batteriefirma. Der Wert – zwei Millionen Mark. Keine Sorge, es handelt sich hierbei nicht um Schleichwerbung. Bei Sponsoren ist es wie bei den Menschen, es gibt gute und böse. Die Batterienstifter gehören ohne Zweifel zur ersten Sorte, den moralisch unverwerflichen Sponsoren, denen lediglich der gute Zweck die Geldbörse öffnet, weshalb sie auch der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) offenen Armes in die ansonsten geschlossene Sponsoren-Gesellschaft aufnahm. Merke, auch Herr Samaranch ist ein guter Mensch, denn er hat nicht nur die Menschen in Bosnien-Herzegowina, sondern auch den Friedensnobelpreis im weitesten Sinn.
Die bösen Buben unter den Sponsoren sind andere. Zum Beispiel ein amerikanisches Kreditkarten-Unternehmen, dem das IOC „Parasiten-Werbung“ – pfui Deubel – vorwerfen mußte. Den Namen können wir aus verständlichen Gründen nicht nennen. Unmöglich. Nur soviel, das Unternehmen wirbt in bezug auf Olympia, ohne vorher dafür gebührlich gezahlt zu haben.
Das haben andere getan. Und sich dafür das Karten-Monopol in allen olympischen Anlagen ausbedungen – für teuer Geld, versteht sich, durch Einkauf in den Kreis der acht Top- (The Olympic Programme)- Sponsoren, die seit 1985 das Geschäft mit Olympia zur Goldgrube für das IOC machen. Einnahmen in Lillehammer: rund 904 Millionen Mark. So ein Pech aber auch, daß der Weltherrschaftsanspruch der Herren der Ringe noch nicht bis ins letzte Eckchen vorgedrungen ist.
Böse Buben gibt es allerdings auch unter den Deutschen. Sapperlott. Ja, doch. Zum Beispiel die Firma, welche Deutschlands bayerische und schnell beleidigte Leberwurst im Golddarm auf dem Stirnband zur Schau trug. Walther Tröger, der Chef de Mission, mußte Hackls Schorsch gar zur Ordnung rufen: „Wir haben den Bob- und Schlittensport-Verband aufgefordert, bei offiziellen Auftritten seiner Athleten für die entsprechende Kleidung zu sorgen.“ Bundestrainer Lenz nickte sorgenvoll: „Das ist schwierig, wir dürfen nicht die Sponsoren vergessen, die uns das ganze Jahr unterstützen.“ Wir verstehen, es gibt gute und böse Sponsoren, und im Zweifelsfall entscheiden Funktionäre über Gut und Böse. Und da Reusch-Konkurrent adidas sich für 3,5 Millionen Mark in den Kreis der sieben Sponsoren des deutschen Team Olympia eingekauft hat, erübrigt sich die Frage nach dem schwarzen Peter.
Jungfräulich weiß sind dafür die Maxi-Mäntel, welche die Angestellten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) kleiden. Weiß, so wollen es die Statuten der Olympischen Charta, sind die Banden. „Angenehm fürs Auge“ wirke die Unschuld der Arenen selbst auf einen, der, sollte man annehmen, an Werbefläche nicht genug kriegen kann. Weit gefehlt, Hans-Jürgen Hilgendorf, Geschäftsführer der Deutschen Sport-Marketing Gesellschaft (DSM), befindet, Olympia sei kein Anachronismus, trotz des Sportsponsoring-Overkills.
Die Herren Unternehmer fanden bei Olympia ihre Brosamen schon. So weiß wie sie vorgibt, ist Jungfrau Olympia längst nicht mehr. „Die Kommerzialisierung des Sports ist die Demokratisierung des Sports“ (Andrew Young, ehemaliger UN- Botschafter). Und so erscheinen Siegerfotos von Katja Seizinger, deren gesamter Oberarm mit dem Ausrüsternamen bepflastert ist, ohne daß ein Aufschrei der Entrüstung über die weißen Hänge gellt. Skifahrer strecken ihr Beinchen wie in jedem Weltcuprennen in die Höhe, auf daß der Schriftzug unter den Latten in die Kamera leuchte. Und wer in den Arenen nicht werben darf, holt sich seine Kunden ins Sponsoren-Zelt im Olympiapark, beruft Pressekonferenzen außerhalb des Olympiageländes ein oder installiert Clubs, in denen täglich 800 bis 1.200 Gäste von einer deutschen Fluggesellschaft verköstigt werden („Deutsches Haus“) – gratis natürlich. 20 Millionen Mark steckt das Team Olympia in eine Olympiade. Man darf versichert sein, kein rausgeschmissenes Geld. Hans-Jürgen Hilgendorf: „Je schöner die Spiele, desto besser der Imagetransfer.“ Schöne Bescherung – für die Guten, versteht sich. Cornelia Heim
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