: Günstig wohnen – und einkaufen
Liegenschaftsfonds verkauft der Genossenschaft Studentendorf Schlachtensee das lange Jahre vom Abriss bedrohte Areal für 10 Millionen Euro. In den Jubel mischt sich Wermutstropfen: Aldi baut mit
VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Aus Hausbesetzern werden Hausbesitzer, aus Mietern Eigentümer und aus Wohnheim-Bewohnern Bauträger. Alle drei Eigenschaften treffen seit dem neuen Jahr auf die Genossenschaft Studentendorf Schlachtensee zu. Die studentischen Genossen, hervorgegangen aus der selbstverwalteten Arbeitsgemeinschaft Studentendorf Schlachtensee, sind jetzt Eigentümer des 1.061 Plätze umfassenden Wohnheims in Zehlendorf. Exakt fünf Jahre nach ihrem Aufbegehren gegen die Schließungs- und Abrisspläne des denkmalgeschützten 50er-Jahre-Ensembles durch die Bauverwaltung haben die Genossen nun einen Kaufvertrag vom Land erhalten und unterzeichnet, der den neuen Besitzern den Erhalt der Wohnplätze sowie die Sanierung und Entwicklung des Areals an der Potsdamer Chaussee sichert. „Endlich“, jubilierte Jens Uwe Köhler, Mitglied der Genossenschaft, „der Kampf hat sich gelohnt.“
Den Verkauf hat der Berliner Liegenschaftsfonds im Auftrag des Landes nach einem Senatsbeschluss vollzogen. Der Zuschlag erfolgte auf Vorschlag von Kultursenator Thomas Flierl (PDS) für 10 Millionen Euro. Flierl setzte sich damit gegen die Interessen des Bausenators und die des Liegenschaftsfonds durch, die sich 12 Millionen Euro von anderen Bietern erhofft – aber nicht erhalten – hatten. Die 10 Millionen für das 50.000 Quadratmeter große Gelände bringt die Genossenschaft Studentendorf Schlachtensee nicht allein auf. Für die südliche Freifläche konnte der Projektentwickler NCC gewonnen werden, der dort ein- bis zweistöckige Wohnbauten errichten will. Die nördliche Freifläche, ein Autostellplatz, geht an die Aldi-Gruppe, die einen Supermarkt baut.
Während man unter den Studenten die Nachbarschaft zu Aldi von „praktisch“ bis „problematisch“ kommentiert, ist man sich über den Verbleib des gesamten Studentendorfs in Studentenhand einig. Nur so sei das Ziel realisierbar, das marode Denkmal aus 17 Wohnwürfeln, Hochhäusern und einem Gemeinschaftshaus mit Hilfe der Bayerischen Landesbank und anderer Projektmittel ab 2005 nach und nach zu sanieren.
Im Zentrum der Sanierung soll der denkmalgerechte Umbau sowie der Erhalt des Areals „für studentisches Wohnen in der Nähe der Freien Universität“ stehen – beides Forderungen, mit denen sich die Studenten samt der Berliner Architektenschaft, Denkmalschützern und der FU-Leitung vor Jahren und mit langem Atem gegen den geplanten Abriss stemmten.
„Wir werden die Auflagen des Denkmalschutzes respektieren“, so Köhler. Sukzessive sollen jedoch die Bauten im Innern den heutigen Nutzerbedürfnissen durch vergrößerte Wohnungszuschnitte und neue Küchen und Bäder angepasst werden. Die ursprüngliche Idee des ab 1959 mit Hilfe der USA im Stil der Moderne errichteten Wohnensembles im Grünen, das bis heute mehrheitlich von Stipendiaten mit knapper Kasse genutzt wird, soll nicht verwässert werden.
Brigitte Reich, Referentin in der Kulturverwaltung, lobte ebenfalls das Geschäft als „Erfolg“. Abriss und Umwandlung seien endgültig vom Tisch, das studentische Wohnen werde garantiert. Das „Symbol und Denkmal aus der Zeit der FU-Gründung“ erhalte damit wieder Zukunft, sagte Reich.