Grundstücke in Top-Lage: Bremer Ausverkauf

Ein weiteres Bremer Top-Grundstück geht wohl an einen Privatinvestor. Die Stadt wollte es auch haben, kann aber ohne Vorkaufsrecht nicht konkurrieren.

Die Bremer Niederlassung der Schoko-Fabrik Hachez.

Bremen wird weniger süß: Die Schoko-Produktion zieht um Foto: Wikicommons

BREMEN taz | Tschüss, Schokoladenfabrik! Dass Hachez seine Produktion aus Bremen nach Polen verlegt, steht schon länger fest. Doch nun heißt es wahrscheinlich auch: Tschüss, ihr Ideen von Räumen für Bands und Künstler, politische Initiativen und bezahlbaren Wohnraum mitten in der Bremer Neustadt.

Was für 150 Mitarbeiter des Unternehmens eine Krise bedeutet, schien für einige in Bremens Subkultur auch eine Chance auf Stadtentwicklung zu bergen. Seit Anfang des Jahres macht das Bündnis „Schokotopia“ Pläne für das Gelände. „Wir wollten frühzeitig eingreifen, damit nicht wieder ein tolles Gelände an einen kapitalstarken Investor geht“, sagt Jan Bönkost vom Bündnis. So wie es aussieht, war allerdings auch dieses Mal jemand früher – oder kapitalstärker – als die öffentliche Hand.

Schokotopia bekam den Tipp aus den Reihen der Hachez-Belegschaft, doch auch aus mehreren anderen gut informierten Kreisen lässt sich hören: Hachez verkauft das Grundstück an die Zech Group, zumindest sind die Verhandlungen zwischen diesen beiden offenbar weit gediehen.

Der Bremer Investor Zech hat in den vergangenen Jahren fast alles gekauft, was Bremen an zentralen Sahnestücken zur Verfügung hatte. Neben dem Europahafen im neuen, teuren Stadtviertel Überseestadt gehört dazu gefühlt die halbe Innenstadt. Das 7.000 Quadratmeter große Schokoladen-Grundstück in der Neustadt passt gut ins Portfolio.

Ein spontaner Versuch des Stadtteilparlaments, die Stadt zur Wahrnehmung ihres Vorkaufsrechts zu drängen, muss erfolglos bleiben: Bremen hat für das Quartier kein Vorkaufsrecht.

Tatsächlich hätte auch die Stadt selbst das Grundstück in Premiumlage gern gekauft, sagt Jens Tittmann, Sprecher des Bausenators. Auch ohne Vorkaufsrecht habe sich die städtische Immobilienverwaltung mit dem Unternehmen bereits vor einiger Zeit zusammengesetzt. Die Gespräche wurden allerdings nach kurzer Zeit abgebrochen. Ohne Vorkaufsrecht hatte Bremen keinen Einfluss darauf, einen marktgerechten Preis angeboten zu bekommen.

In der Behörde will man sich trotzdem freuen: „Es wäre doch gut, dass es hier einen Investor gebe, der etwas entwickeln will“, so Tittmann.“ Und der Sprecher der SPD-Fraktion, Matthias Koch, ergänzt: „Bei der Größe des Geländes wäre ein potenter Investor doch gar nicht verkehrt.“

Vielleicht ist die anschließende, teure Investition in die Entwicklung eines Grundstückes ein Grund, warum die Stadt ihr Vorkaufsrecht bisher selten wahrgenommen hat, auch wenn sie eines hatte. „Bisher war das vor allem bei Infrastrukturprojekten wie der Verlängerung einer Straßenbahn der Fall“, sagt Tittmann. Erst vor Kurzem ließ sich Bremen 3,5 Hektar Fläche auf dem ehemaligen Kellog’s-Gelände entgehen.

Statt dessen verkaufte die Stadt eigene Grundstücke immer wieder an private Investoren, auch um Geld für die Verwaltung frei zu machen. In der Überseestadt ist auf diese Art ein ganzer Stadtteil entstanden, ohne dass sich Bremen entsprechende Mitspracherechte zur Gestaltung gesichert hätte.

Doch der Wind dreht sich: Die Stadt will zukünftig mehr Einfluss auf die Stadtentwicklung üben. Im Mai hat die Bürgerschaft ein Gesetz verabschiedet, mit dem sich die Stadt ein Vorkaufsrecht für einen großen vernachlässigten Wohnblock in Bremen-Nord sichert.

Der Koalitionsvertrag verspricht, der neue Senat werde Geld bereit stellen, um das Vorkaufsrecht bei wichtigen städtischen Grundstücken wahrnehmen zu können. Wenn die Bürgerschaft sich dann noch aufrafft, wichtige Quartiere rechtzeitig unter Vorkaufsrecht zu stellen, bevor die Eigentümer in konkreten Verkaufsverhandlungen sind, könnte es glatt noch was werden mit der Stadtentwicklung aus Bremer Hand.

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