Grundsatz-Erklärung von Franziskus: Papst geißelt Abtreibung
Lange arbeitete der Papst an einer Erklärung zur Würde des Menschen. Nicht nur Leihmutterschaft und Gender-Theorie hält er für einen Verstoß gegen Gott.
„Über sich selbst verfügen zu wollen, (…) bedeutet nichts anderes, als der uralten Versuchung des Menschen nachzugeben, sich selbst zu Gott zu machen“, heißt es dort. Ein menschliches Wesen – wenn auch noch ungeboren – sei immer etwas Heiliges und Unantastbares, so das Schreiben. Dies gelte in jeder Situation und jeder Phase seiner Entwicklung. Der Abbruch einer Schwangerschaft bedeute nichts anderes, als den „Schutzlosesten und Unschuldigsten von allen“ die Menschenwürde abzusprechen.
Der 87 Jahre alte Papst gilt seit langem als strikter Gegner von Abtreibungen. Kritik wird in der Erklärung auch geübt an Gesetzgebungen, die Schwangerschaftsabbrüche fördern. Ähnlich beanstandet der Papst die Leihmutterschaft. Dabei werde ein Kind zu einem „bloßen Objekt“, die Würde der Frau aus Profitgründen verletzt, heißt es in dem Text. Der legitime Wunsch, ein Kind zu bekommen, könne nicht in ein Recht auf ein Kind umgewandelt werden.
Bereits in der Vergangenheit bezeichnete der Pontifex die Praxis als verwerflich und forderte ein weltweites Verbot. Bei einer Leihmutterschaft trägt eine Frau für sogenannte Wunscheltern ein Kind aus und überlässt ihnen dieses nach der Geburt. Die Gründe dafür sind vielfältig. In Deutschland ist Leihmutterschaft wie in vielen anderen Staaten verboten. Auch die Vermittlung ist in Deutschland unter Strafe gestellt. In einigen Ländern hingegen ist die Leihmutterschaft teils mit bestimmten Einschränkungen erlaubt.
Für den Papst ist die „Gender-Theorie“ gefährlich
Auch bei der Frage der Geschlechtsanpassungen positionierte sich der Vatikan klar: Ein Körper müsse so akzeptiert und respektiert werden, wie er erschaffen wurde. Der menschliche Leib sei mit persönlichen Bedeutungen ausgestattet, insbesondere in seiner geschlechtlichen Beschaffenheit. Die Geschlechtsanpassung berge die Gefahr, die einzigartige Würde zu bedrohen, die ein Mensch vom Moment der Empfängnis an besitze.
Die Erklärung namens „Dignitas infinita“ (zu Deutsch: „Unendliche Würde“) wurde nach jahrelanger Vorbereitung vom vatikanischen Dikasterium für Glaubenslehre unter Federführung von Kardinal Victor Manuel Fernández veröffentlicht, der ebenso wie der Papst aus Argentinien kommt. Franziskus hatte sie zuvor gebilligt. Außerdem sei als Verstoß gegen die Menschenwürde zu bewerten, dass mancherorts Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung inhaftiert, gefoltert und sogar des Lebens beraubt werden.
Jeder Mensch muss der Erklärung zufolge in seiner Würde geachtet und mit Respekt aufgenommen werden. Dennoch sei die „Gender-Theorie“ zu kritisieren, da sie mit dem Anspruch, alle gleich zu machen und Unterschiede auszulöschen, sehr gefährlich sei. In dem Dokument ist von „ideologischen Kolonisierungen“ die Rede. Zu den Themen, die in „Dignitas infinita“ angesprochen werden, gehören zudem Krieg, Armut, Migration und Menschenhandel.
Auch Gewalt gegen Frauen sei ein weltweiter Skandal. Die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern sind demnach in manchen Ländern sehr gravierend. Femizide, also wenn Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden, könnten nicht genug verurteilt werden, so das Schreiben.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, bezeichnete die Erklärung aus Rom in einer Mitteilung als begrüßenswert. Sie sei eine Bestärkung für alle, die sich für die Achtung der Menschenwürde einsetzen. Zugleich ist sie nach seinen Worten verdienstvoll und perspektivreich. Bätzing erhoffe sich für „Dignitas infinita“ eine lebhafte Aufnahme und Diskussion sowie eine segensreiche Wirkungsgeschichte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste