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Grundkurs im Flirten mit der Hamburger Volkshochschule

■ Die Anmelderunde für das nächste Semester beginnt / 4.300 Kurse und Veranstaltungen im Angebot

Endlich mal eine gute Nachricht: die Hamburger Volkshochschule (VHS) wächst, blüht und gedeiht. Die Teilnehmerzahl sei in den vergangenen drei Jahren um 25 Prozent gestiegen, sagte gestern VHS-Direktor Rudolf Camerer. Fürs kommende Semester rechne man mit 70.000 Teilnehmern.

Ungewohnte Töne in einer Zeit, in der viele Institutionen die Sparquoten fürchten. Die Expansion der VHS, so Camerer, sei in erster Linie auf die gestiegenen Einnahmen zurückzuführen, die die VHS als „Landesbetrieb“ wieder reinvestieren kann. Mitte September weiht beispielsweise der Stadtbereich Nord sein eignes Haus in der Nähe des Barmbeker Bahnhofs ein.

Der VHS-Etat umfaßt 20 Millionen Mark, nur die Hälfte zahlt der Staat. Doch auch die VHS mußte in diesem Jahr eine Kürzung hinnehmen. In Folge gibt es für Rentner ab sofort nur noch 25 statt der bisherigen 50 Prozent Ermäßigung. Für Rudolf Camerer eine vertretbare Lösung, da „viele Rentner heute mehr Geld haben als die Verkäuferin bei Karstadt“. Bedürftige Pensionäre bekommen weiterhin eine Gebührenbefreiung, ebenso wie andere Menschen mit wenig Geld.

Die JournalistInnen, die gestern bei der Programmvorstellung zugegen waren, hatten auf dem Nachhauseweg gut zu schleppen. Denn auch die sechs Programmhefte sind mittlerweile telefonbuchdick. Neu unter den 4300 Kursen und Veranstaltungen ist zum Beispiel ein viertägiger Flirt-Kurs, ein Weinseminar und Kurse, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema Sex beschäftigen. Neben den obligatorischen Sprach-, Gesundheits- und EDV-Kursen expandiert vor allem der Bereich, bei dem es um Körperbewußtsein geht, wie Feldenkrais-Gymnastik, Autogenes Training oder Tibetisches Pulsen. Aber auch Musizieren ist wieder im kommen. Erstmals dabei: ein Seminar zur Chaostheorie.

„Wir sind keine Bildungseinrichtung, die verbissen arbeitet“, sagt VHS-Sprecher Dieter Trautmann-Güse. Und offenbar sei es ein Bedürfnis für immer mehr Menschen „die Möglichkeiten, die in ihnen stecken, auszuprobieren“. Doch politisches Ziel der VHS ist es, mehr „bildungsungewohnte Menschen“ zu erreichen. Dafür gibt es nicht nur Kurse zum Lesen und Schreiben lernen, sondern auch Grundlagen in Mathe und Politik sowie „alltägliche Lebenshilfen“. Wenn es gilt, Jugendliche zu erreichen, so Camerer, betreibe die VHS „aufsuchende Bildungsarbeit“. So ensteht mit VHS-Hilfe eine Radiosendung mit Jugendlichen aus der Haftanstalt Hanöfersand.

Übrigens: die Zeit der langen Schlangen vor den Anmeldestellen ist vorbei. Wer sich für VHS-Kurse interessiert, gehe einfach in die nächste Bücherhalle oder zum Kiosk, frage nach einem Programmheft und buche per Post. Aber beeilen, die Goldschmiedekurse sind schon voll. Kaija Kutter

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