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Grummeln in den Logen

■ Erst mit dem 3:0 Sieg Werders gegen Schalke stieg die Stimmung im Stadion

Wann haben wir das zuletzt erlebt: Das Stadion ist ausverkauft, die LaOla-Welle zieht Runde um Runde und die Fans singen: „Oh wie ist das schön.“ Ja, es war ein wunderschöner Fußballnachmittag am Samstag im Weserstadion. Erst haben die Schalker Fans mit ihren Gesängen und Trommeln viel Stimmung auf die Ränge gebracht, am Schluss hatten dann unsere Fans reichlich Grund, den 3:0 Sieg zu bejubeln.

Auf der VIP-Tribüne dagegen war zunächst gar keine gute Stimmung gewesen. Da redeten nämlich alle erst nur über ein Thema: Dass das Weserstadion nicht für die Fußball Weltmeisterschaft genutzt werden soll. Für die meisten völlig unbegreiflich.

Doch bald nach Spielbeginn wurden die trüben Gedanken weggeblasen. Die Werder-Leistungen auf dem Rasen ließen reichlich Freude aufkommen. Die Bremer gingen sehr engagiert und konzentriert zur Sache und bestimmten von Beginn an das Spiel, obwohl die Mannschaft nur mit anderthalb Spitzen spielte: ganz vorne ein quirliger Ailton und etwas zurückhängend Thorsten Frings, der ein tolles Spiel machte. Beide harmonierten hervorragend miteinander. Schalke versuchte es mit zwei Spitzen, aber die kamen bei dem Druck, den Werder von Beginn an aufbaute, gar nicht zur Geltung.

Ailton überraschte mit ein paar wunderbaren Flanken von außen, was ich so schön von ihm bisher nicht gesehen habe. Er trat auch die brandgefährliche Ecke, die in der 23. Minute zum 1:0 führte. Der Brasilianer hatte den Ball exakt hereingeschnitten auf den ersten Pfosten, Baumann verlängerte, so dass er vor dem zweiten Posten ins Tor ging - eine einstudierte Situation klassisch ausgeführt, Oliver Reck hatte keine Chance. Sein Kollegen im Sturm lange auch nicht. Die Bremer Abwehrreihen standen kompakt und sicher, die Schalker Spitzen waren völlig abgemeldet.

So hatte Schalke erst nach 39 Minuten die erste Tormöglichkeit. Das ist zu wenig für eine solche Mannschaft, die hier keineswegs als heißer Anwärter für die Champions League auftrat. Andy Möller & Co agierten, als wollten sie Verstecken spielen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit flackerte bei den Schalkern dann doch etwas Fußballgeist auf. Sie machten jetzt deutlich mehr Druck. Werder war da offensichtlich noch nicht ganz wach. Gottseidank nur kurz, dann schalten die Bremer schnell und zwar um auf Konter. Schon in der 63. Minute wurde ein solcher blitzsauberer Kontor mit einem glänzenden Tor von Ailton abgeschlossen. Der Brasilianer war von Banovic wunderschön auf der rechten Seite angespielt worden, er schoss flach und unhaltbar in die lange Ecke.

Danach hatten die Bremer auch noch eine Portion Glück. Schalke hatte eine Riesenchance mit drei Einschussmöglichkeiten – der erste Schuss endete am Pfosten, der nächste an der Latte und der dritte in den Armen von Frank Rost. Der Schuss an die Unterkante der Latte prallte übrigens hinter der Torlinie auf, was der Schiedsrichter nicht sah, später aber TV-Bilder bewiesen.

Der Druck der Schalker hielt nicht lange, sie spielten saft- und kraftlos. Da war es dann auch kein Wunder, dass nach einem schweren Abwehrfehler Thorsten Frings in der 77. Minute souverän das 3:0 erzielte und damit den großartigen Werder-Sieg perfekt machte.

Die Niederlage der Schalker hat mich auch für den ehemaligen Bremer Frank Neubarth gefreut, der ja ab kommenden Saison die Blauweißen trainiert. Angesichts der Siegesserie von Schalke in den letzten Wochen hatte ich mir schon ein paar Sorgen um Frank gemacht und gedacht: Wie soll der das nur fortsetzen oder gar toppen, wenn er die Mannschaft übernimmt.

Leider haben wir mit diesem Sieg Bayern München erlaubt, an Schalke vorbeizuziehen und den dritten Platz einzunehmen. Aber damit können wir nach einem so triumphalen Spiel gut leben. Außerdem: Der gefühlte Tabellenplatz für Werder ist Rang 3, denn Werder hat Bayern zuhause geschlagen und bei Bayern ein Unentschieden erreicht. Willi Lemke

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