Grüner Landesvorstand unter Beschuss: Strafanzeige gegen grüne ChefInnen
Zwei SPD-Bezirksabgeordnete aus Hamburg-Mitte zeigen grüne LandesvorständlerInnen und Ex-Fraktionschef wegen übler Nachrede und Verleumdung an.
Die beiden Bezirksabgeordneten, die für die Grünen bei der Bezirkswahl kandidiert hatten, waren vom grünen Landesvorstand mit über die Presse verbreiteten Islamismusvorwürfen diskreditiert und aus der grünen Fraktion ausgeschlossen worden. Mit vier weiteren Abgeordneten der Grünen, die die Fraktion aus Solidarität mit den Ausgeschlossenen verlassen hatten, traten die beiden Bezirksparlamentarier im Oktober der SPD-Fraktion bei.
In ihrer am späten Dienstagnachmittag verbreiteten Pressemitteilung heißt es wörtlich: „Inzwischen verdichten sich die Hinweise, dass Herr Osterburg hinter den haltlosen Verdächtigungen gegen zwei Bezirksversammlungsabgeordnete mit Migrationshintergrund steckt.“
Osterburg bestreitet diesen Vorwurf bis heute vehement. Weiter heißt es in der Presseerklärung der beiden Angeschuldigten: „Die Parteiführung hätte die Angelegenheit zunächst intern und diskret prüfen müssen, stattdessen beteiligten sich Gallina und Bill vorverurteilend an einer Hexenjagd und löschten sogar die Profile auf der Parteihomepage, was man eher in einem autoritären System erwartet hätte.
Presseerklärung von Fatih Karışmaz und Shafi Sediqi
Diese medial verbreiteten Vorwürfe zerstörten über Nacht Existenz und Zukunft von zwei jungen Menschen. Sobald ihre Namen gegoogelt werden, erscheinen sofort unzählige Zeitungsartikel, die sie mit Unterstützung von Terrorgruppen oder Islamisten in Verbindung bringen. Die menschenverachtende Intriganz von Gallina und Bill entspricht in keiner Weise dem grünen Grundkonsens und der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung.“
Der grüne Landesvorstand hatte gestern keine Möglichkeit mehr, auf die kurz vor Redaktionsschluss erhobenen Vorwürfe zu reagieren. Er hatte zwar die Islamismusvorwürfe gegen einen der beiden Angeschuldigten zurückgenommen, dies aber nicht öffentlich kommuniziert. Im Gegenzug warf er den sechs Abtrünnigen „parteischädigendes Verhalten“ vor und überzog sie mit einem Parteiausschlussverfahren.
Dem Ausgang des Ausschlussverfahrens kamen die sechs PolitikerInnen mit ihrem Parteiaustritt und dem Wechsel in die SPD-Fraktion zuvor. Besonders Michael Osterburg hatte sich vehement und auch mit juristischen Schritten gegen die „haltlosen Vorwürfe“ der beiden angeblichen Islamisten gewehrt.
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