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Archiv-Artikel

Grüne regieren mit

AUS BERLIN JENS KÖNIG

Ein Untersuchungsausschuss zur Klärung der BND-Aktivitäten im Irak und der Entführung deutscher Staatsangehöriger durch die CIA wird immer unwahrscheinlicher. FDP und Linkspartei halten zwar nach wie vor an ihrer Forderung nach einem solchen Ausschuss fest, die Grünen hingegen setzen unbeirrt ihre kompliziert zu vermittelnde Doppelstrategie fort: Aufklärung der Vorwürfe – ja; ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss – nur im äußersten Notfall. An dieser Haltung änderte auch ein Treffen der Bundesregierung mit den Spitzen aller Bundestagsfraktionen gestern in Berlin nichts, im Gegenteil. „Die Notwendigkeit für einen Untersuchungsausschuss ist eher kleiner geworden“, sagte die grüne Fraktionschefin Renate Künast nach der Unterredung.

Künast begründete die Zurückhaltung ihrer Partei mit dem von der Regierung versprochenen Interesse an umfassender Aufklärung. So sei von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Innenminister Wolfgang Schäuble und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (beide CDU) eine intensive, systematische und unverzügliche Beantwortung aller offenen Fragen zugesichert worden. Der zuständige Ort dafür soll das Parlamentarische Kontrollgremium sein, wobei die Regierung eine Lockerung der Geheimhaltungsregelungen in Aussicht gestellt hat. Am Ende der Aufklärungsarbeit, so lautet die Verabredung, soll ein öffentlicher Bericht stehen, der im Parlament diskutiert wird; ein solcher Bericht wäre ein Novum in der Geschichte des Geheimdienstausschusses.

„Die Regierung hat es in der Hand, den Untersuchungsausschuss überflüssig zu machen“, sagte Künast. Das vorrangige Interesse ihrer Fraktion liege in der Aufklärung der Vorwürfe. Solange die allerdings nicht erfolgt sei, hielten die Grünen an ihrem Auftrag für einen Untersuchungsausschuss fest. Als Zeithorizont für den versprochenen Abschlussbericht nannte Künast einmal „in naher Zukunft“, ein andermal „im Laufe des Februar“.

Linkspartei und FDP vertrauen dem Aufklärungsinteresse der Regierung in eigener Sache weniger. PDS-Fraktionschef Gregor Gysi sah das nach dem Treffen mit den drei Ministern nicht anders als vorher. Er habe heute nur von zwei Sachverhalten erfahren, die er bislang nicht kannte, „also nicht viel Neues“. Viele Fragen seien nach wie vor offen, sagte er, und ein Untersuchungsausschuss sei das geeignete Instrument, um diese Fragen aufzuklären. Gysi zeigte sich optimistisch, dass zwischen den drei Oppositionsparteien noch eine Übereinstimmung hergestellt werden könne, auch wenn eine Fraktion „erkennbare Schwierigkeiten“ habe. Der Fraktionschef der Linken vermied jede kritische Äußerung in Richtung der Grünen, mahnte jedoch zur Eile: „Wir haben nicht ewig Zeit. Wir können nicht noch vier Wochen auf die Regierung warten.“

FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt war da viel pessimistischer. Die Liberalen hielten einen Untersuchungsausschuss zwar weiterhin für notwendig, sagte er, sie würden ihn jedoch „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht beantragen. Die Schuld dafür schob Gerhardt den Grünen zu – diese seien „entscheidungsunfähig“. Ohne sie gebe es jedoch nicht das notwendige Quorum für einen Ausschuss. „Ich sehe nicht ein, warum wir uns in einem Nullsummenspiel abarbeiten sollen“, begründete Gerhardt den Verzicht seiner Fraktion – und konnte somit geschickt überspielen, dass er zu den Abgeordneten seiner Fraktion zählt, die einen Untersuchungsausschuss ablehnen, ohne das öffentlich zu sagen.

Bei so viel Uneinigkeit besannen sich wenigstens die Liberalen und die Linken auf ihr gemeinsames Interesse. Beide Fraktionen einigten sich am gestern Abend auf einen gemeinsamen Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Theoretisch könnten sich die Grünen dem immer noch anschließen. Theoretisch.