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Grüne Frauen setzten Männer unter Druck

Auf der Sitzung des bündnisgrünen Frauenrates wurde die Forderung bekräftigt, mindestens die Hälfte der grünen Ministerämter mit Frauen zu besetzen. Wunsch nach einer Stärkung des Frauenministeriums  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Politikerinnen und Politiker von Bündnis 90/Die Grünen konnten in der letzten Woche im Regierungsviertel kaum unbeobachtet auch nur eine Straße entlang gehen: Irgendwo stand immer eine Kamera oder jemand mit dem Wunsch nach einem Interview. Ganz anders das Bild am Samstag im Bonner Hotel Bristol. Dort tagte der Frauenrat, und auch Spitzenpolitikerinnen wie Fraktionschefin Kerstin Müller und Vorstandssprecherin Gunda Röstel waren zu den Beratungen gekommen. Aber nur sehr wenige Medienvertreter hielten das Treffen für wichtig genug, um den Weg zum Tagungsort zu finden. Dabei faßte der Frauenrat nach mehrstündiger Diskussion einen Beschluß, der der Verhandlungkomission unter Umständen noch viel Kopfzerbrechen bereiten wird. Unter der Überschrift „Die Mindestquotierung gilt für Grüne auch für die Regierungsbildung“ heißt es darin: „Der Bundesfrauenrat erwartet die mindestquotierte bündnisgrüne Beteiligung an den MinisterInnenämtern sowie die Mindestquotierung aller weiteren bündnisgrünen Führungspositionen in Regierungsverantwortung.“ Keine Rede also von der Forderung nach einem ausgewogenen „Gesamtpaket“, die viele Beobachter in den letzten Tagen erwartet hatten. Statt dessen: Mindestens die Hälfte aller Kabinettsposten in einer rot-grünen Regierung sollen mit Frauen besetzt werden. Den Teilnehmerinnen der Beratungen lag viel daran, auch nur den Anschein eines Konflikts mit der Kommission zu vermeiden, die für die Koalitionsverhandlungen mit der SPD zuständig ist. So will die Abgeordnete Christa Nickels den Beschluß „nicht als Drohkulisse, sondern als starke Unterstützung für unsere Leute“ verstanden wissen. Auch Kerstin Müller, selbst Mitglied der Verhandlungskommission, sieht in dem Ergebnis kein Problem: „Ich begrüße nachdrücklich, daß der Frauenrat noch einmal deutlich gemacht hat, daß die Bündnisgrünen an der Quotierung festhalten.“

Hinter vorgehaltener Hand gaben zahlreiche Frauen zu, daß die Entwicklung der letzten Tage für Ärger gesorgt hat. Vor allem die von der Verhandlungskommission intern beschlossene Forderung nach Ministerposten für Fraktionschef Joschka Fischer und Parteisprecher Jürgen Trittin stieß auf Kritik, da viele nicht daran glauben, daß die SPD vier Ministerien abgeben wird. „Wir kochen strömungsübergreifend vor Wut“, sagte eine Bundestagsabgeordnete. Eine andere erzählte, bei ihr habe das Telefon nicht mehr stillgestanden. Wählerinnen, aber auch Vertreterinnen von Fraueninitiativen hätten immer wieder gefragt: „Was laßt ihr euch da in Bonn eigentlich gefallen?“ Über Namen wurde auf dem Frauenrat nicht gesprochen, auch deshalb, weil einige der Frauen gar nicht anwesend waren, die derzeit für Kabinettsposten im Gespräch sind.

Gefordert wurde in dem Beschluß aber eine Erweiterung der Kompetenzen des Familienministeriums. Kommentar Seite 12

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