: Grüne? Alles Essig!
DANNENBERG taz ■ „Der Castor-Transport ist sicherlich nicht das zentrale politische Thema im Moment“, sagt Jochen Stay, Sprecher von X-tausendmal quer. Eben. Was sagt der Anti-Castor-Protest zum drohenden Ende der ersten bundesdeutschen rot-grünen Regierung?
„Drei Jahre haben die Grünen gezeigt, wie man gegen ökologische Interessen Politik machen kann“, sagt Stay, für den nur oppositionelle Grüne gute Grüne sind. „Politik ist die Suche nach dem Kompromiss“, hält ein Grüner Kreistagsabgeordneter aus Lüneburg dagegen, der seinen Namen wegen akuter Streitigkeiten in der Lüneburger CDU-Grünen-Regierungskoalition lieber nicht nennen will. „Wenn wir jetzt aussteigen“, sagt er, „ist es Essig mit dem KWK-Gesetz, Essig mit der Ökosteuer, Essig mit dem Atomkonsens“. „Welcher Atomkonsens?“, kontert Wolfgang Porrmann aus Ahaus. Ihn oder das Volk jedenfalls habe keiner gefragt. Porrmann streckt die klammen Finger zum Lagerfeuer hin und sagt: „Dass dieser so genannte Konsens eine Vereinbarung zwischen Industriebossen und Regierungsbonzen ist, zeigt doch der Protest hier.“
Wäre der Konsens tatsächlich ein Konsens, könnten sich alle zusammen – Demonstranten und Polizisten – „diesen Quatsch hier in der Kälte sparen und Kaffee trinken gehen“. Die Grünen hätten bewiesen, dass sie tatsächlich nur als Oppositionspartei eine Berechtigung haben. Katja aus Oldenburg will das so nicht akzeptieren. „Das Gesetz zu erneuerbaren Energien ist doch ganz gut. Ohne die Grünen gäbe es das nicht.“
Auch wenn sie in der Atompolitik total versagen – nicht alles sei schwarz, was grün glänzen will. „Die Grünen müssen weitermachen – und besser werden.“ Doch diese Stimmen sind im Wendland deutlich in der Unterzahl. „Wenn die acht Grünen jetzt, wo es um die Machtfrage geht, ihr Gewissen bestechen, verlieren sie bei mir den letzten Respekt“, sagt Kai aus Braunschweig. Für die Wendländer selbst scheint sich die Frage nach Grünen und Regierung gar nicht mehr zu stellen. „Diesen Grünen muss der Titel grün abgesprochen werden“, sagt einer, der sich Bauer Wiese nennt. Selbst wenn die Grünen jetzt über ihr Selbstverständnis zu diskutieren beginnen würden, wäre das für ihn zu spät. Und Matthias Endler, Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg sagt: „Die Grünen haben abgedankt. Sie zeigen uns eindrucksvoll, dass es völlig egal ist, wer das Land regiert.“ NICK REIMER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen