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Grosz besteht auf Nagymaros

■ Ungarns Ministerpräsident lehnt Volksbefragung zu Wasserkraftwerk ab / Verlust von Investition und Prestige gefürchtet / Parlament soll im Oktober über Volksabstimmung entscheiden

Wien (afp) - Der ungarische Partei- und Regierungschef, Karoly Grosz, ist „gegen eine Volksbefragung“ über die Fortsetzung des Baus des Donaukraftwerks Nagymaros (50 Kilometer nördlich von Budapest), teilte die offizielle ungarische Nachrichtenagentur 'mti‘ mit.

In einer Ansprache sagte Grosz am Samstag abend in einer Budapester Fabrik, wenn das „Parlament seine vor elf Jahren getroffene Entscheidung (über die Errichtung des Kraftwerks) zurücknähme“, wäre das ein „Prestigeverlust“ für Ungarn. Das ungarische Parlament soll am 5.Oktober zu der Kontroverse Stellung beziehen und über eine Volksbefragung entscheiden, die von Gegnern des Projekts gefordert wird.

„Einerseits würden wir unsere Investitionen verlieren, andererseits würde die Stornierung der Verträge mit der CSSR und österreichischen Unternehmen schwer auf dem Land lasten“, sagte Grosz weiter.

Der Verzicht auf das Projekt „käme teurer als seine Fertigstellung“. Der Staudamm und das Wasserkraftwerk in Nagymaros entstehen im Rahmen eines Großprojektes, das die Regulierung des Donaulaufs und ein Staustufensystem von Bratislava (CSSR) bis Budapest vorsieht.

Auf tschechoslowakischer Seite werden ein 25 Kilometer langer Kanal und ein Wasserkraftwerk bei Gakcikovo gebaut, das 1990 in Betrieb gehen soll. In Ungarn wird die Donau auf einer Strecke von rund hundert Kilometern „gezähmt“.

Der ungarische Anteil des Projekts wird von Österreich finanziert, das als Gegenleistung von 1996 an 20 Jahre lang Strom aus dem Werk erhalten soll. Die staatseigene österreichische Gesellschaft Donaukraftwerke führt als Generalunternehmer mit einem geringen Anteil ungarischer Zulieferungen den Bau von Nagymaros durch.

Grosz wandte sich in seiner Ansprache gegen die Gegner des Projekts und stellte fest, daß die Debatte über dieses Thema „keine Frage der Wirtschaft oder der Umwelt sei, sondern eine politische“, die dazu „verwendet wird, die ungarische Führung zu diskreditieren“.

Die Gegner des Projekts befürchten eine Zerstörung der Donauauen sowie eine Verschlechterung der Trinkwasserqualität in Budapest und zweifeln an der Rentabilität. Am vergangenen Montag hatten über 10.000 Menschen vor dem Budapester Parlament gegen das Projekt demonstriert.

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