: Großstadtkopfkino
WEDER NOCH „Dictaphone“ mischen Jazz und Elektronik – eigenwillig und anders
Jazz, lässt Oliver Doerell verlauten, sei ihm meist zu dudelig. Aber auch mit schlichter Laptop-Musik hat der gebürtige Belgier wenig am Hut. Verwandt fühlt sich der Wahl-Berliner stattdessen mit der Kunst- und Minimalmusikszene des Brüssels der 80er, mit Bands wie „Tuxedomoon“ oder „Minimal Compact“.
Seit 1998 komponiert er für Film, Theater und Tanz, und filmisch ist auch seine Arbeit in seinen Bandprojekten: Mit Genrewanderer Raz Ohara hat er sich als elektronisches Ein-Mann-Mini-Orchester zu „Raz Ohara & The Odd Orchestra“ zusammengetan und melancholischen Songwriter-Pop in sanfte Elektronika gehüllt, mit Komponistenkollege Stephan Wöhrmann fügt er als „Swod“ repetitives Piano, Fieldrecordings, warmen Bass und atmosphärische Elektronik zu minimalistischem Zeitlupenjazz zusammen.
Und bei „Dictaphone“ treffen Doerells feinsinnige Klangbilder heute Abend auf Roger Dörings Saxophon und Klarinette. Heraus kommt ein eigenwilliges Weder-noch: Jazz, ohne je wirklich jazzig zu sein, ein leicht pulsierender halbelektronischer Slow-Mo-Dub als melancholischer Soundtrack fürs Kopfkino des neurotischen Großstädters.ROBERT MATTHIES
■ Do, 30. 9., 22 Uhr, Thalia Zentrale, Alstertor 1