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Archiv-Artikel

Große Worte und kleine Taten

Die Versprechungen der Industriestaaten an die Entwicklungsländer sind groß. Eine neue Studie hat untersucht, was davon übrig bleibt. Skandinavische Länder helfen armen Ländern am wirksamsten – doch mit Geld allein ist es nicht getan

VON NICOLA LIEBERT

Schuldenerlass für die ärmsten Länder, Exporterleichterungen und Impfprogramme: Entwicklungspolitisch war 2005 das Jahr der wohlfeilen Versprechen. Doch die tatsächlichen Leistungen der reichen Länder „bleiben weit hinter der hochfahrenden Rhetorik der Politiker zurück“, lautet das Urteil von Nancy Birdsall, Präsidentin Center Center for Global Development (CGD).

In einer aktuellen Studie zeigt das Washingtoner Forschungsinstitut, dass sich in den für arme Länder besonders wichtigen Politikfeldern wenig tat. Handelserleichterungen sind erst einmal auf Eis gelegt. Immer weniger Entwicklungshilfe kommt der Armutsbekämpfung zugute. Und selbst der Schuldenerlass läuft vom Volumen her nur auf eine 1-prozentige Erhöhung der Hilfe hinaus.

Seit 2003 fasst das CGD die tatsächlichen Entwicklungsleistungen von 21 Industrieländern alljährlich in einem „Index des entwicklungspolitischen Engagements“ zusammen. Dabei orientiert sich das Institut an dem Grundsatz „Entwicklungspolitik ist mehr als Entwicklungshilfe“. Der Index bezieht daher auch Faktoren ein wie Handel, Umweltschutz, Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik, Investitionen und Zugang zu Technologien. Bei der Entwicklungshilfe kommt es zudem auf die Qualität an. Die offiziellen Entwicklungshilfezahlungen stiegen zwar im vergangenen Jahr auf ein Rekordniveau von 106,5 Milliarden Dollar. Doch weil der Zuwachs fast nur durch den umstrittenen Schuldenerlass für Irak und Nigeria zustande kam und nicht der Armutsbekämpfung diente, schlägt er sich im CGD-Index auch nicht positiv nieder.

Am besten schneiden in der Untersuchung die Niederlande sowie die skandinavischen Länder ab. Deutschland steht auf Platz 9, Großbritannien auf Platz 12, gefolgt von den USA. Schlusslicht ist Japan. Dass die USA trotz relativ offener Märkte für Produkte aus Entwicklungsländern, starker privater Spendenbereitschaft und eines hohen Investitionsvolumens im Süden nur so mäßig abschneiden, liegt vor allem an ihrem hemmungslosen Ressourcenverbrauch und ihren Treibhausgasemissionen. „Für Länder wie Bangladesch, die besonders anfällig für Klimaveränderungen sind, ist der Umweltschutz in den reichen Ländern von zentraler Bedeutung“, erklärt David Roodman, einer der Autoren der Studie.

In sieben Ländern sind Rückschritte in den letzten drei Jahren zu vermelden, insbesondere in Dänemark, Neuseeland und Australien, aber auch Deutschland. Hier gibt es Verschlechterungen vor allem in der Zuwanderungspolitik und der Entwicklungshilfe. Letztere macht ohnehin nur 0,29 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Damit steht Deutschland an 11. Stelle unter den 21 untersuchten Ländern. Weitere Kritikpunkte an der deutschen Politik sind die hohen Schutzmauern um die Agrarmärkte und eine schwache Korruptionskontrolle. Unter den Pluspunkten finden sich geringe Rüstungsexporte an undemokratische Staaten sowie rückläufige Treibhausgasemissionen.