: Große Koalition in Bremerhaven ist geplatzt
Die Große Koalition von SPD und CDU in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung ist geplatzt. Die CDU hatte die Koalition am Freitag abend auf einem Kreisparteitag einstimmig aufgekündigt, weil die SPD mehrfach den Koalitionsvertrag gebrochen habe. Der Bremer SPD-Landesvorsitzende Detlev Albers befürchtet nun, daß es „auf der Ebene kommunaler Entscheidungen zu einer heimlichen Kollaboration der CDU mit der rechtsextremistischen DVU kommen kann“. Sollte dies geschehen, gerate auch die Große Koalition auf Landesebene und in der Stadt Bremen in Gefahr, sagte er am Sonntag der dpa. Unmittelbar sehen Albers und der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann das Landes-Bündnis aber nicht gefährdet.
Neumann unterstrich ausdrücklich, der Umgang im Senat und im Koalitionsausschuß sei fair. Er begrüßte es, daß der Kreisparteitag voll hinter der Großen Koalition auf Landesebene stehe.
Der Bruch der Koalition in Bremerhaven ist nach Neumanns Auffassung darauf zurückzuführen, daß die SPD damit begonnen habe, im Stadtparlament offen gegen den Koalitionspartner zu stimmen. Damit erwiesen sich die Sozialdemokraten als koalitions- und regierungsunfähig. Der CDU-Landesverband trage deshalb den Beschluß des Kreistages voll mit.
Albers kann den Schritt der Seestadt-CDU nicht nachvollziehen. „Ich begreife insbesondere nicht, daß sie sich gegensätzlich zur Landessituation verhält.“Er frage sich, wo in Bremerhaven die Alternative zu einer Großen Koalition liege. Ein Bündnis der CDU mit den Grünen und der Wählervereinigung AfB könne er sich nicht vorstellen. Unterdessen hat der SPD-Unterbezirk die Union aufgefordert, „zur Vernunft zurückzukehren“, um das wichtigste kommunalpolitische Ziel, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, gemeinsam zu erreichen. Der Koalitionsbruch sei nicht nachvollziehbar, schließlich habe die SPD ihr Abstimmungsverhalten in den Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung schon früh öffentlich gemacht.
Für den stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden Uwe Mögling liegt das Scheitern des Bündnisses unter anderem an „vielen Zerwürfnissen im menschlichen Umgang miteinander, die bis ins Persönliche gehen“. Außerdem warf er der CDU vor, die gymnasiale Oberstufe in der Stadt massiv durchgedrückt zu haben, obwohl es dafür keinen Bedarf gebe. Dies sei der eigentliche Grund für den Bruch gewesen. Die Koalitionspartner hätten zudem zuletzt bei Abstimmungen mit wechselnden Mehrheiten gearbeitet.
Beide Parteien wollen in nächster Zeit Gespräche mit Bündnis 90/Die Grünen und der Wählervereinigung AfB aufnehmen. Der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest. Die SPD sieht dabei zumindest für die Verabschiedung des Doppelhaushaltes für 1998/99 Grüne und AfB auf ihrer Seite. In der Stadtverordnetenversammlung hat die CDU 19, die SPD 15, Bündnis 90/Die Grünen sechs, Arbeit für Bremerhaven (AfB) fünf und die DVU drei Sitze.
Der Grünen-Fraktionssprecher Hans-Christian Scherzer schloß gestern eine Koalition mit der CDU wie mit der SPD aus. Die Grünen bevorzugten Sachpolitik mit wechselnden Mehrheiten. Ähnlich reagierte die AfB. dpa/taz
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