Streik im Nah- und Fernverkehr am Montag: Deutschland aus dem Verkehr ziehen

Gewerkschaften wollen am Montag den Nah- und Fernverkehr einen Tag lang weitgehend lahmlegen. Welche Verkehrsmittel sind betroffen?

Eine Menschenmasse demonstriert in orangen Westen

Die Gewerkschaft EVG hat gemeinsam mir der Verdi für Montag zum Streik aufgerufen Foto: Anette Riedl/dpa

BERLIN taz | Am kommenden Montag wird der Verkehr in Deutschland an vielen Orten ruhen. Grund ist ein Warnstreik von gleich zwei Gewerkschaften: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) legt Züge und Busse lahm, die Gewerkschaft Verdi den Nahverkehr in kommunalen Betrieben von sieben Bundesländern. Das teilten beide Gewerkschaft am Donnerstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin mit.

Gemeinsame Aktionen mehrerer Gewerkschaften sind ungewöhnlich. In diesem Fall ermöglicht der Terminplan der Tarifverhandlungen den Superstreiktag. „Die Arbeitgeber versuchen uns mit warmen Worten und viel zu niedrigen Angeboten abzuspeisen“, begründet Verdi-Chef Frank Werneke den Arbeitskampf.

Die Deutsche Bahn reagierte darauf mit der Ankündigung, den gesamten Fernverkehr am Montag komplett einzustellen. In Berlin werden auch der S-Bahn und Regionalverkehr betroffen sein. Ebenso in Hamburg.

Am Flughafen München wird bereits ab Sonntag kein regulärer Passagier- und Frachtverkehr statt. Das teilte die Flughafengesellschaft mit. Auch am Frankfurter Flughafen wird kein regulärer Verkehr möglich sei.

Der Ausstand beginnt um 0:00 Uhr in der Nacht von Sonntag auf Montag und endet um Mitternacht. Betroffen ist die gesamte Palette der Verkehrsdienste. Neben Bussen und Bahnen ist vor allem der Luftverkehr stark betroffen. Dort vertritt Verdi einerseits die Beschäftigten von Bund und Kommunen, andererseits örtliche Verhandlungen mit Bodendienstleistern. So werden auch die Beschäftigten der Luftsicherheit die Arbeit niederlegen.

Zudem ruht die Arbeit in Teilen der kommunalen Häfen, der Autobahngesellschaft sowie der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Die Folgen sind gravierend. So werden große Schiffe wohl nur eingeschränkt im Hamburger Hafen einlaufen können und Autofahrer vor gesperrten Tunneln stehen.

Der öffentliche Nahverkehr wird in den sieben Bundesländern bestreikt, die an den Tarifvertrag für die öffentlichen Dienst der Kommunen angeschlossen sind: Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz und Sachsen. Auch Bayern ist betroffen, da dort zurzeit ein Tarifvertrag für den Nahverkehr ausgehandelt wird. Auf Seiten der EVG wird nicht nur bei der Deutschen Bahn zum Streik aufgerufen. Auch bei Privatbahnen wie Transdev, den Osthannoverschen Eisenbahnen, Erixx, Vlexx, Eurobahn und anderen ruht Montag der Verkehr.

Auch Kita-Streiks möglich

Sowohl bei den Bahnen als auch im öffentlichen Dienst von Bund und den Kommunen sind die Fronten im Tarifkonflikt verhärtet. Verdi und der Beamtenbund fordern für ihre rund 2,5 Millionen Beschäftigten 10,5 Prozent mehr Lohn, wenigstens aber 500 Euro, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Arbeitgeber haben beim letzten Treffen 5 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten sowie einen Inflationsausgleich von 2.500 Euro angeboten. Das ist den Gewerkschaften deutlich zu wenig.

Der Streik fällt auf den Start der dritten und vorerst letzten Tarifrunde des öffentlichen Dienstes, die von Montag bis Mittwoch in Potsdam stattfindet. Bleiben die Gespräche weiterhin ergebnislos, wird eine Schlichtung eingeleitet, die der frühere Bremer Finanzsenator Hans-Hennig Lühr leiten würde. Weitere Streiks im öffentlichen Dienst, am Ende womöglich sogar ein unbefristeter Ausstand in Kita, Verkehrsunternehmen, Krankenhäusern der Müllabfuhr oder bei Feuerwehren sind durchaus möglich, wenn am Ende keine Einigung erreicht wird.

Bei der Deutschen Bahn sieht die Lage etwas anders aus. Hier endete an diesem Donnerstag die erste Runde der Tarifverhandlungen. Die EVG fordert nicht nur von der Bahn mehr Geld, sondern auch von weiteren 50 Bahnunternehmen in jeweils separat geführten Gesprächen. Denn es gibt bei den Bahnen keinen gemeinsamen Arbeitgeberverband. Betroffen von den Tarifverträgen sind rund 180.000 Beschäftigte der Deutschen Bahn und etwa 50.000 Mitarbeiter der privaten Konkurrenten. Maßgeblich dürfte der Abschluss mit dem Branchenführer sein.

Die EVG verlangt 12,5 Prozent mehr Lohn bei einem Mindestbetrag von 650 Euro mit einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn bietet 5 Prozent in zwei Schritten sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 2.500 Euro. Allerdings geht es beiden Seiten noch um weitere Detailfragen, etwa die Festschreibung eines Mindestlohns.

Inwieweit es beim ersten Warnstreik bei den Bahnunternehmen bleibt, werden die kommenden Wochen entscheiden. Die Verhandlungen könnten sich bis in den Sommer hinziehen, da die EVG jeweils mit 50 Unternehmen sprechen muss. Der nächste offizielle Gesprächstermin mit der Deutschen Bahn soll erst Ende April stattfinden. Weitere Warnstreiks bis dahin schließt die EVG zwar nicht aus, sie sind aber eher unwahrscheinlich.

Die Deutsche Bahn nennt den Streik „grundlos und unnötig“, wie Personalvorstand Martin Seiler kritisiert. Er fordert eine schnelle Rückkehr der Gewerkschaft an den Verhandlungstisch. Der Ausstand werde massive Auswirkungen auf den gesamten Bahnbetrieb in Deutschland haben. Konkret will die Bahn noch über die Folgen und über Kulanzregelungen für Fahrgäste informieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.