: Grobe architektonische Fehlgriffe
betr.: „Hineinspaziert ins Küchenstudio“, taz vom 17.12.04 ]
Nun ist sie also wieder eröffnet, die Bremer Stadthalle, Verzeihung, AWD-Dome heißt sie jetzt. Über Sinn und Notwendigkeit des Umbaus soll an dieser Stelle nichts gesagt werden, wenn man sich jedoch dazu entschließt, eine Erweiterung für sinnvoll zu erachten, dann sollte sich das auch in der Architektur niederschlagen.
Leider ist dem nicht so. Die Leichtigkeit und Transparenz der ehemaligen Stadthalle sind verschwunden und langweiligen, plumpen Flächen gewichen. Die Südseite zur Bürgerweide scheint sich nun auf den Platz zu drängen. Die sechs herausragenden Pylone sind deutlich sichtbar funktionslos geworden, sie können das Dach nicht mehr tragen. An der Rückseite sind die ebenfalls einst sichtbar funktionalen Bauelemente einem gesichtslosen Glaskasten gewichen, der einfallsloser nicht hätte entworfen werden können. Eine Architektur, die sich ganz offensichtlich nicht mit den Kriterien guter Gestaltung auseinander gesetzt hat. Da hilft auch das Scheinargument des Architekten Thomas Klumpp nicht weiter, die Stadthalle sei auch vor dem Umbau nicht beliebt gewesen. Selbst wenn dem so gewesen wäre, dann hätte Klumpp doch als erstes die sechs Pylone wegreißen müssen, sind sie doch stets der Anstoß zu Diskussionen gewesen. Einen derartig konsequenten Eingriff hat er sich dann aber wohl doch nicht zugetraut. Schlimmer wird es noch, wenn man sich in dem neuen Dom befindet. Die neuen Ränge liegen sehr dicht über den alten, so dass man von weiten Teilen nur schlecht sehen kann. Diese Zustände waren vor dem Umbau bekannt und wurden sogar per Computer visualisiert. So grobe architektonische Fehlgriffe im Innenraum lassen Rückschlüsse darüber zu, was man von dem Publikum hält, das man in den Dom zu locken gedenkt: Eintritt zahlen darf es, sehen braucht es aber nichts, Füllmaterial.
Zusammengefasst ist der Umbau in jeder Hinsicht eine grandiose Pleite für alle Beteiligten. Sandkastenarchitektur, die noch nicht einmal ihren Zweck richtig erfüllen kann. Einziger Vorteil: Der neue Dom passt jetzt zu dem restlichen architektonischen Elend auf der Bürgerweide. Jubilate! THILO GANDERS, Bremen