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■ Urdrüs wahre KolumneGreen please, ich nehme Jod

Geißeln und brandmarken wollte ich den fliegenden Zahnarzt Thomas S., weil er in der BILD- Loge bei den Bremer Sixdays freimütig bekannt haben sollte, 13 Kraftfahrzeuge zu besitzen. Inzwischen aber dementiert der zum Stammpersonal hiesiger Klatschkolumnen gehörende Hypnosebohrer diese Behauptung und nennt lediglich fünf Automobile sein eigen. Also immerhin 60 % weniger bescheuert – nehme also alle bösen Gedanken um diesen Prozentsatz zurück ...

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Eiapopeia, was raschelt da grün! Das Bündnis 9O verschickt an seine ff Mitglieder derzeit die dusseligste Postkartenserie seit der Spendenkampagne des Deutschen Jugendherbergswerk s von 1972. „Lieber den Mund auf als die Augen zu – Green please“ heißt es da etwa oder auch „Menschen machen Meinung. Green please“. Und auf der Rückseite neckisch „1OO % ungebleichte Grüße“ und dann folgen Antworten auf die leninsche Frage „Was tun?“, wie sie keine Versammlung schwäbischer Sanitätsgefreiter ausdrucksstärker formulieren könnte: „Erstens. Diese Karte gehört ausnahmsweise mal nichtt ins Altpapier. Benutzen ist eben besser als recyceln.“

Oder „Zweitens. Ist doch klar: Wenn Menschen Meinung machen, wenn sie eintreten für ein demokratisches Europa, für eine ökologische Wirtschaftsreform, für Selbstbestimmung der Frauen, für ein ziviles Europa ohne nationale Starallüren, dann kostet das viel Geld. Deshalb gleich das Überweisungsformular nehmen und spenden. Kein Formular mehr dabei? Macht nichts, weiterlesen.“ Und „Drittens. Diese Karte gebe ich weiter...Viertens. Und was passiert jetzt mit dieser Karte? Richtig! Wieder weitergeben statt recyceln.“ Dazu dann viele, viele Sonnenblumen. Herr Ober, bringse bitte Jod und heißes Wasser. Aber sofort!

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Ach lieber Hermann Pape von der Senatspressestelle. Untersagt hast du es dem stadtbekannten Bürgerrechtler und Ex-Grünen Günther Kahrs vom Verein zur Förderung des intermedialen Kulturaustausches, seine in Collagenform gestalteten Pressemitteilungen, die Endesunterzeichneter stets mit besonderem Gewinn gelesen hat, und die für die Aufrechterhaltung seiner publizistischen Arbeit geradezu unverzichtbar sind, weiterhin über die Postfächer der Pressestelle zu verbreiten.

Brauchen wir nicht im Streß des Alltags immer wieder Inseln der Kontemplation und Meditation, wie sie uns angeboten werden in solchen Sätzen: „Drei Kilo Lippenstift verschluckt!“ oder „Das ewige Leben dem, der viel von Liebe weiß zu sagen“? Erbarmen, Hermann – gib Gedankenfreiheit. Der Christliche Gewerkschaftsbund darf doch auch immer fleißig einwerfen! Und im Grunde sind wir uns doch einig ganz und gar mit Günther K.: „Viel Blabla, schau nach rechts und dir wird klar, auch dein Nachbar schreibt nur Dreck. Unsere Tage sind gezählt.“

Ulrich Reineking-Drügemöller

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