: Grauer Bestseller
Ein spannender Beruf: Statistiker bei der Bundesbank ■ Ein Wort an unsere Studenten
Frankfurt (dpa) - „Welche Farbe hat der Monatsbericht der Bundesbank?“, lautet eine beliebte Examensfrage an angehende Diplom-Ökonomen. „Grau“, heißt die richtige Antwort, und wer die nicht gibt, kann schon durchgefallen sein. Der schmale graue Band aus dem Hause der Bundesbank, der monatlich in einer Auflage von 60.000 Exemplaren auf deutsch, englisch, französisch und spanisch erscheint, ist nicht nur für Wirtschaftsstudenten Pflichtlektüre. Auch öffentliche Stellen, Banken, Wirtschaft, Verbände und Medien vertiefen sich alle vier Wochen in rund 80 Seiten Statistik sowie Aufsätze über Konjunktur, Finanzen, Steuern, Beschäftigung, Außenhandel oder andere Wirtschaftsthemen.
Erarbeitet wird dieser - kostenlose - „Bestseller“ in der Hauptabteilung Volkswirtschaft der Bundesbank. Ein Team von 40 Volks- und Betriebswirten unter der Leitung von Direktor Norbert Bub ist allerdings nicht nur mit dem Monatsbericht beschäftigt. Auch der Geschäftsbericht der Bundesbank, die bunten Statistischen Reihen sowie Sonderdrucke sind ihr Metier. Selbst Schüler-Arbeitshefte „Über das Geld“ werden mitverfaßt. Das statistische Material liefern die knapp 300 Mitarbeiter der Nachbarabteilung Statistik, die das Zahlenwerk mundgerecht servieren. Dabei erfaßt die Bundesbank sämtliche Zahlen über den Geldkreislauf, während aus dem Statistischen Bundesamt das Material zum Güterkreislauf kommt.
Allerdings ist es nicht die wichtigste Aufgabe der Volkswirte, Untersuchungen der Bundesbank zu Wirtschaftsfragen nach außen zu tragen. An erster Stelle stehen Analysen und Prognosen, die dem Direktorium der Bundesbank sowie dem Zentralbankrat als Entscheidungshilfen für die Geldpolitik an die Hand gegeben werden. Es gilt, die Notenbank-Spitze so schnell und umfassend wie möglich über die Wirtschaftslage zu informieren, sei es zu Produktion, Preisen, Löhnen, Beschäftigung oder Außenhandelszahlen.
Mit Hilfe eines ökonometrischen Modells sowie Vorhersagen von Experten weisen die Bundesbank-Volkswirte auch in die Zukunft. Ihre Prognosen bleiben allerdings in den Schubladen und tauchen in keinem öffentlichen Bericht auf. Dabei kommt es darauf an, ein mögliches Krisenszenarium frei von Reaktionen der hektischen Geldmärkte darzustellen. Schließlich treffen die Experten auch die Vorbereitungen zur Verkündung des Geldmengenziels und kontrollieren laufend, ob es eingehalten wird.
Die Volkswirte der Bundesbank haben eine andere Verantwortung als ihre Kollegen in den Wirtschaftsforschungsinstituten, denn mit ihrer Arbeit wird Geldpolitik gemacht. Ein Fehlurteil könnte fatale Folgen haben, zumal da das Gewicht der deutschen Notenbank in der internationalen Finanzwelt mit der Stärke der D-Mark ständig zugenommen hat.
Neben der Information der Notenbankspitze und den Publikationen ist die sogenannte „qualitative Information“ die dritte Aufgabe der volkswirtschaftlichen Abteilung. Dabei gilt es, andere zu beraten. Für die Bonner Regierung schreibt es das Gesetz vor. Daneben müssen in Bonn Ressorts und Ausschüsse, in Brüssel, Paris und internationalen Organisationen verschiedene Ebenen versorgt werden. Mit den anderen Wirtschaftsforschern gibt es einen regen Meinungsaustausch.
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