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Gratschow macht die Grätsche

■ Personalpoker im Kreml: Jelzin feuert seinen Verteidigungsminister und holt den Überraschungsdritten Lebed als Chef des Sicherheitsrates ins Boot, um sich für die anstehende Stichwahl dessen Stimmen zu sichern

Moskau (AFP/dpa/taz) – Die neue Wahlkampfstrategie von Boris Jelzin heißt Personalpoker: Zwei Tage nach dem ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen ernannte der russische Staatschef den Drittplazierten Alexander Lebed zum Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates und zu seinem persönlichen Sicherheitsberater. Damit versicherte er sich der Unterstützung des überraschend erfolgreichen Exgenerals für die Stichwahlen. Gleichzeitig entließ der Präsident Verteidigungsminister Pawel Gratschow. Der Tschetschenienkrieger soll nach der Ernennung Lebeds angeblich selbst um seine Entlassung gebeten haben. Gratschows Stuhl wackelte bereits seit Monaten, weil ihm das militärische Desaster in Tschetschenien zur Last gelegt wird. Als einer der unpopulärsten russischen Politiker hatte er auch in der Armee keinen großen Rückhalt mehr.

Wie aus der Umgebung des Präsidenten verlautete, soll Lebed neben seinem neuen Amt weitere wichtige Vollmachten erhalten und zusammen mit Jelzin über die Ernennung wichtiger Minister entscheiden. „Das ist nicht nur einfach eine Ernennung, sondern die Vereinigung zweier Politiker und zweier Programme“, so Jelzin gestern im Kreml.

Zuvor hatte Lebed, der nach seinem Wahlerfolg auch von den Kommunisten umworben worden war, deren Chef Gennadi Sjuganow eine klare Absage erteilt. „Im Land gibt es zwei Ideen, eine alte, die sich überlebt hat und die viel Blut, Unglück und Leid gekostet hat, und eine neue, der die Zukunft gehört. Ich wähle die neue“, sagte Lebed.

Die Kommunisten reagierten verstimmt auf Lebeds Schritt. Ein führender KP-Politiker prognostizierte, Lebed-Wähler würden nicht für Jelzin stimmen. Ein Datum für die Stichwahl stand gestern noch nicht fest. Bericht Seite 8, Kommentar Seite 10

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