: Gottes Liebe und der schnöde Mammon
Daß die katholische Kirche da ein ganz linkes Ding am laufen hat, war mir von dem Zeitpunkt an klar, als sie mich aus meinem Meßdiener-Job feuerten. Irgendwelche grauen Betschwestern hatten sich über die Länge meiner Haare beschwert. Es war anno Domini 1969, ich war 14, und mein Haar reichte bis halb über die Ohren. Mein Boß, der Gemeindepfaffe, machte mir klar, daß Gott alle Menschen lieben würde, nur Kommunisten und Hippies könne er nicht ausstehen. Er ließ mir die Wahl: Haare ab und Gottes Liebe oder Hippie und ewige Verdammnis. Ich ließ mein Haar dran, liebte Gott auch nicht mehr und fühlte mich herrlich verdorben. Der Pfaffe ging übrigens einen
ähnlichen Weg. Er hatte seine Hormone nicht unter Kontrolle, gab sich der Fleischeslust hin und bekam ebenfalls einen Arschtritt. Aber die katholische Kirche ändert sich. Sie geht mit der Zeit.
Da haben wir zum Beispiel diesen 77jährigen französischen Priester, der Pornofotos von kleinen Jungs machte und sie an einschlägige Magazine verscheuerte. Sein Chef, der Bischof von Nevers, nahm ihn gleich in Schutz und behauptete, daß Priester „keine außergewöhnlichen Wesen, sondern Menschen mit ihren Schwächen und Grenzen sind“. Wie zur Bestätigung der heiligen Worte kam es ein paar Tage später in der Kathedrale von Pontoise, nordwestlich von Paris, zu einer Massenschlägerei. Etwa 80 traditionalistische Katholiken hatten sich, mit einem Priester an der Spitze, gewaltsam Zugang zum Got
teshaus verschafft. Beim Versuch, eine lateinische Messe nach dem Ritus des „Heiligen“ Pius V. zu zelebrieren, kam es zu einer wilden Schlägerei mit anwesenden Kirchenbesuchern. Kerzen flogen, Kiefer brachen, Weihwasser spritzte und Ge
lübde wurden mißachtet. Ich erspare mir hier nähere Erklärungen, die verrückten katholischen Mystiker versteht eh kein Mensch. Interessant ist allerdings, daß auch die großen Bosse im Vatikan krumme Geschäfte machen. Sie verscherbeln z.B. vom Papst unterzeichnete Segen mit repräsentativer Urkunde für 5.000 Mark. Der Preis für einen von der Kurie verliehenen Barontitel liegt bei 300.000 Mark. Für eine Erhebung in den Fürstenstand verlangt der „Heilige Vater“ 2,5 Millionen. Eine 15- bis 30minütige Audienz ist billiger zu haben, sie kostet schlappe 30.000 Mark, Vatikan -Angestellte filmen den Gig und verkaufen nachher die Videos an die Besucher. Wie es aussieht, wandelt sich die katholische Kirche von einem Anachronismus in ein modernes Wirtschaftsunternehmen.
Karl Wegmann
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