: Gorbatschow zeigt Verständnis für estnische Sorgen
Moskau (dpa) - Einen Tag nach der litauischen Entscheidung, dem estnischen Beispiel nicht zu folgen und eine Änderung der eigenen Verfassung erst einmal auszusetzen, hat der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow Verständnis für nationale Besorgnisse Estlands gezeigt. Vor der Presse sagte er am Samstag in Neu Delhi, es seien Fehler bei der Ansiedlung von Industrien und beim Zuzug von Arbeitskräften in Estland gemacht worden. Gleichzeitig betonte Gorbatschow jedoch, daß er „einige Standpunkte“ der Esten für „nicht konstruktiv“ halte. Am Samstag veröffentlichte die 'Prawda‘ einen Beitrag, mit dem auf Lettland Druck ausgeübt werden sollte; der lettische Oberste Sowjet will am Dienstag ebenfalls in einer Sondersitzung über diese Fragen beraten. Die 'Prawda‘ ließ den lettischen Staatsanwalt Janis Dsenitis ausführlich mit einer scharfen Kritik der dortigen Volksfront zu Worte kommen. Dsenitis sagte unter anderem, die lettische Volksfront habe sich nach einer gemeinsamen Tagung mit der estnischen Volksfront und der litauischen „Sajudis“ offen gegen die Moskauer Vorschläge zu einer Änderung der Unionsverfassung gewandt. Am Sonntag nachmittag kam in Wilna die Führung der litauischen Bewegung für die Perestroika zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen