: Gong macht den Ring frei zum nächsten Radio-Deal
■ Der Kampf um begehrte Hörfunkfrequenzen wird immer mehr zum Monopolyspiel
Auf dem lukrativen Markt der Radio-Lokalsender geht es heute um den dicksten Batzen seit Jahren: Die Nürnberger Sebaldus-Gruppe bietet ihre Hörfunkwellen zum Verkauf an, auf denen sich nicht nur in Bayern (Radio Gong) erfolgreich dudeln lässt.
Gleich als bekannt wurde, dass Sebaldus dem Radio ade sagt, weil es sich ganz auf seine Druckerzeugnisse konzentrieren will, meldeten zahlreiche Kandidaten Interesse an. Drei blieben ernsthaft dabei, steigerten lange mit und boten bis zu 70 Millionen Mark für die gewinnträchtigen Radiosender. Doch um die Kaufsumme geht es in diesem Spiel nur am Rande.
Wer das Rennen machen wird, entscheidet nämlich der bayerische Medienrat – so unabhängig wie die Bank bei Monopoly und gesetzlich zur Wahrung der Medienvielfalt verpflichtet. Allerdingsscheint die Entscheidung längst gefallen zu sein.
Wenn nicht ein Wunder geschieht, argwöhnen Kritiker, werden wieder die Leute den Zuschlag bekommen, die ohnehin schon die meisten Sender im Freisaat kontrollieren: finanzstarke Zeitungsverleger, die den weißblauen Radiomarkt genauso fest im Griff haben wie die bayerischen Printmedien. Die unabhängigen Sender fühlen sich an den Rand gedrängt, wittern medienrätliche Spezlwirtschaft und fürchten sich vorm Monopol. Immer die gleichen Großen würden gefördert, sagt Gerhard Prokscha vom Verband der unabhängigen Lokalradios, „den Kleinen treten sie in den Arsch“.
Professor Wolf-Dieter Ring reagiert auf solche Vorwürfe gelassen. Der Präsident der Landeszentrale für neue Medien (BLM) kann die Aufregung überhaupt nicht verstehen: „Schaun Sie sich um, nirgends gibt es so viel Vielfalt wie in der bayerischen Hörfunklandschaft.“ Auswärtige Bewerber wie die FAZ-Gruppe oder der Hamburger Bauer-Verlag werden da wohl nicht gebraucht.
Ring hat dem Medienrat deshalb vorgeschlagen, auch diesmal die bewährten bayerischen Lokalmatadoren zum Sieger zu küren: „Schaun Sie, da sind größere und kleinere Zeitungen vertreten, keiner kann dominieren.“
Und wirklich: Vom Gong-Kuchen bekäme keiner der elf Zeitungsverlage mehr als 4 Prozent. Weitere 40 Prozent sollen an den Münchener Burda-Verlag gehen, 5 Prozent an einen Burda-Angestellten (Focus-Chef und Ex-Gong-Macher Helmut Markwort), und über 10 Prozent dürfte der radioaktive Nürnberger Telefonbuchverleger Gunther Oschmann verfügen.
Klingt ausgewogen. Doch besonders in Nürnberg schlagen unabhängige Radiomacher Alarm. Dort werden im Dezember die heiß begehrten Lokalfrequenzen neu vergeben. Telefonbuch-Oschmann und die Zeitungsverleger sind bereits an fast allen Nürnberger Privatradios beteiligt. Bekämen sie heute das Kaufrecht an Radio Gong, bekämen sie fast automatisch auch dessen Frequenz. Unabhängige Bewerber hätten dann keine Chance mehr.
Im allgemeinen Monopoly-Fieber fürchtet nun auch Bayerns größter nicht kommerzieller Alternativfunk unterzugehen. Obwohl nicht unmittelbar betroffen vom Gong-Deal, hat man bei Radio Z vorsichtshalber zu einem probaten Mittel gegriffen: Seit ein paar Tagen läuft eine Solidaritätskampagne. Kommt einem irgendwie bekannt vor. Lukas Wallraff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen