■ Störzeile: Gnadenlos gesund
„Gesundheit!“ muß man dieser Tage allzuoft schniefenden Mitmenschen zurufen. Und nicht herumfliegendem Pollenpack, nein, in diesem Juli ist die gereizte Schleimhaut der novemberlichen Witterung gezollt.
Glück für Allergiker – aber ist nicht ein Sommerwetter, das keine Gesundheitsgefahren durch Ozonalarm oder UV-Strahlen mit sich bringt, wie höchst gesunde Vollwertkost, die einiges kostet, aber niemandem mundet? Gilt denn nun auch fürs Klima, daß alles, was Spaß bringt, auch schlechte Zähne und dicke Hüften macht oder überhaupt ungesund, wenn nicht gar unmoralisch ist?
Das will uns der Umweltsenator glauben machen. Der wartete im Sommer bisher stets mit Sternstunden auf: Fritze drückt auf den Startknopf einer Windkraftanlage, wettert gegen Grüne Punkte, verkündet die Reinheit der Badeseen, um nach wenigen Tagen das Gegenteil zu verlautbaren. „Sommerloch“? – das ist bislang ein Fremdwort in Hamburgs mitteilsamstem Amt gewesen.
Jetzt aber will die Umweltbehörde diesen gnadenlosen Sommer als was ganz besonders Gesundes auftischen – nur weil's Ozon ein bißchen weniger ätzt und die Sonne bißchen weniger brennt?
Öko-Sommer! Er führt durch Frustfraß und Bewegungsmangel zu Karies und Schwimmringen, überdies treibt das Fehlen des Sonnenscheins Menschen zu Abusus von Alkohol, Schokolade – und von PKWs, wer radelt schon gerne im Regen? Also im Bett bleiben und so gut es geht, wenigstens der Unmoral frönen. Julia Kossmann
siehe Bericht Seite 22
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