■ Bonn apart: Glückwunsch!
Ein Geheimnis von Helmut Kohls Macht, so wird kolportiert, ist das Elefantengedächtnis des Mannes und seine Fähigkeit, Menschen an sich zu binden. Er vergesse nichts und niemanden. Wer berufsbedingt den Glückwunsch- und Kondolenzausstoß des Bundeskanzlers sichten muß, kann dieser These viel abgewinnen.
Zu Ernennungen von Staats- und Verbandschefs treffen überall auf der Welt Glückwunschtelegramme aus dem Bonner Kanzleramt ein: Bei Jacques Santer („Lieber Jacques“), bei Franz Vranitzky („Für die Ausübung Ihres hohen Amtes wünsche ich Ihnen viel Glück und Erfolg“) oder beim koreanischen Staatschef Hong-Koo Lee („Ich bin sicher, daß sich die traditionell freundschaftlichen Beziehungen auch weiterhin vertiefen“).
Kulturmenschen, Wirtschaftsbosse und Sportler bilden die nächste Gruppe: Max Schmeling wird zum 90. Geburtstag so wenig vergessen wie Franz Beckenbauer zum 50. („Sie waren und sind ein hervorragender Botschafter unseres Landes“). Aber auch an den 95. Geburtstag des Philosophen Hans-Georg Gadamer wird gedacht.
Besonders stark vertreten in Kohls Adressenkartei glückwunschwerter Persönlichkeiten sind Kirchenmänner. Dem Apostolischen Nuntius, Erzbischof Lajos Kada, gratuliert er zum 70., dem Essener Bischof Heinz-Georg Binder zum 65., dem römischen Kardinal Agostino Casaroli zum 80., dem Bamberger Erzbischof Joseph Schneider zum 90., dem Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky zum 60., dem Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt zum 70. Und natürlich auch dem Heiligen Vater höchstselbst („Mit dem Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung“).
Dem Presse- und Informationsamt sei Dank: Es vervielfältigt die Glückwunsch- und Kondolenzschreiben und bringt sie unter die Leute. Damit ein jeder sehen kann: Die Machtmaschine ist auch eine Glückwunschmaschine.
Mit besten Grüßen und dem Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung Ihr Hans Monath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen