: Gläserne Akten gegen Exzesse im Baubereich
■ Als Konsequenz aus dem Untersuchungsausschuß zum „Berliner Sumpf“ fordert AL ein Akteneinsichtsrecht für Bürger / Aktenöffentlichkeit soll „Exzesse“ im Baubereich verhindern / Die AL will die Vorschläge heute im Abgeordnetenhaus diskutieren
Das Recht auf Akteneinsicht bei Baugenehmigungs- und Befreiungsverfahren für jeden Bürger und jede Bürgerin, wenn Bauherren öffentliche Mittel, also Steuergelder für Neubauten oder für Altbaumodernisierung in Anspruch nehmen, oder landeseigene Grundstücke bekommen forderte die AL gestern vor der Presse. Nur so könne man Exzessen im Baubereich entgegentreten, sagte der wohnungspolitische Sprecher der AL, Volker Härtig.
Die Erfahrungen aus drei Jahren Korruptionsausschuß hätten gezeigt, daß Bestechungen deshalb möglich gewesen seien, weil die Verwaltung, die BVV oder das Abgeordnetenhaus nur Stichproben hätten kontrollieren können. Hätte jeder das Recht auf Akteneinsicht, so hätte zum Beispiel die Bürgerinitiative Rudower Felder schon vor Baubeginn aufklären können, daß der Bauherr Bertram gar nicht der Preisbrecher war, für den er sich ausgab. Damit hätte verhindert werden können, daß das Land Berlin ohne Ausschreibung einem Betrüger Millionen gab, meinte Härtig. In den USA und England sei so etwas üblich, erklärte der Rechtsanwalt Johannes Eisenberg.
Auch Akteneinsicht bei der Vergabe von Spielbankkonzessionen fordert die AL: Die Möglichkeit zur Akteneinsicht sei lediglich ein erster, rasch umsetzbarer Schritt zu mehr Transparenz im Baubereich.
Die AL will ihre Vorschläge in der heutigen Abgeordnetenhaussitzung diskutieren und in der nächsten Legislaturperiode in Antragsform einbringen. Datenschutzrechtliche Bedenken hat die AL nicht: Einerseits gebe es keine Einsicht in personenbezogene Daten, andererseits sei die Zustimmung des Bauherren zur Akteneinsicht ja freiwillig. Falls er das nicht wolle, brauche er ja keine Steuergelder in Anspruch zu nehmen.
Härtig widersprach dem von Senatsbauverwaltung und Wohnungsbaukreditanstalt oft geäußerten Argument, daß Bauherren dann überhaupt nicht mehr bauen beziehungsweise bei der Altbaumodernisierung dann eben privat und teuer modernisieren würden, statt preiswert mit öffentlichen Mitteln. Der Staat dürfe sich nicht erpressen lassen, sondern müsse ordnungspolitisch eingreifen, zum Beispiel dadurch, daß mehr Wohnungen in kommunaler Regie oder von gemeinnützigen Gesellschaften gebaut würden oder daß der Mieter private Modernisierung nicht unbedingt dulden müsse. Damit könne man einen größeren Anreiz zur preisgebundenen Modernisierung mit öffentlichen Geldern schaffen.
esch
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