piwik no script img

Archiv-Artikel

Gladbacher Auswärtsschwäche kehrt heim

Nach fünf Auswärtsniederlagen in Liga und Pokal bleibt Borussia Mönchengladbach jetzt erstmals auch zu hause ohne Punkte: Das 0:2 gegen Leverkusen läutet die Krise ein. Bayer erholt sich langsam vom enttäuschenden Saisonstart

MÖNCHENGLADBACH taz ■ Wie ein Wanderpokal wechselt der Standort der Bundesligakrisenklubs in dieser ersten Saisonphase. Natürlich fand der muntere Reigen auch an diesem Wochenende seine Fortsetzung. Vor dem 0:2 von Borussia Mönchengladbach gegen Bayer Leverkusen waren Chaos, Ratlosigkeit und Erklärungsnöte mit Getöse von den Gästen mit in den Nordpark gebracht worden – um dort geflissentlich an den unterlegenen Gegner übergeben zu werden. „Endlich sind wir einmal über 90 Minuten stabil geblieben“, sagte Leverkusens Simon Rolfes und Jupp Heynckes klagte: „Bei einigen meiner Spieler war eine Blockade da.“ Der Trainer vermutet „psychische Gründe“ und musste feststellen: „Es ging nichts.“ Weil sein Team unter der Woche beim Regionalligisten VfL Osnabrück aus dem Pokal ausgeschieden ist, und der halbwegs beruhigende Rhythmus von Heimsieg und Auswärtsniederlage unterbrochen wurde, hat das reiselustige Krisengespenst vorerst eine würdige neue Heimat gefunden am Niederrhein.

Denn in Mönchengladbach handelt es sich nicht um eine tabellarische Problematik, die Probleme liegen woanders. Nicht eine einzige Tormöglichkeit hat die Borussia sich gegen Leverkusen erarbeitet. Schon die Heimsiege gegen Cottbus und Wolfsburg kamen nur mit einigem Glück zu Stande. Und weil den ständigen Auswärtsniederlagen in der Bundesliga auch noch das Pokal-Aus gefolgt war, hatten die Gladbacher Fans in Osnabrück mit einer Sitzblockade vor dem Mannschaftsbus und wütenden Diskussionen reagiert. Das wiederum führte Peter Pander als einen der Gründe für dieses 0:2 gegen Leverkusen an. „Die Fans müssen daran denken, dass sie unsere Situation mit solchen Aktionen nicht erleichtern“, sagte der Manager, während Heynckes erklärte: „Das was am Mittwoch passiert ist, darf normalerweise nicht sein. Leider ist das heutzutage nun mal so.“

Lange hoffte man, dass die Heimstärke trotz der gewaltigen Unzufriedenheit unter den Anhängern bewahrt werden könne, dass es irgendwann gelingen möge, den verdammten Auswärtsfluch zu durchbrechen. Nun ist der umgekehrte Fall eingetreten. Dieser Samstag könnte einen Wendepunkt in der Mönchengladbacher Saisongeschichte markieren. Sie hatten zwar mehr Ballbesitz, sogar die Zweikampfbilanz sprach recht klar für die Borussia, doch im Grunde war sie komplett chancenlos. Es fehlt ein Individualist, der die durchschaubare Gleichförmigkeit des Spiels durchbrechen kann, vielleicht würde auch eine temporeichere Spielweise helfen, wie diese Mängel indes behoben werden können, ist völlig unklar.

Bei Bayer Leverkusen hatte man in der ersten Saisonphase mit einer ganz ähnlichen Problematik zu kämpfen. Der Klub war in finstere Abstiegsgefilde abgerutscht, im Pokal ausgeschieden und von einer handfesten Trainerdiskussion bedroht gewesen. In Mönchengladbach agierten sie nun im allerbesten Bayern-Stil. „Wir waren bis auf ein paar Minuten in jeder Halbzeit total überlegen“, konstatierte Sportdirektor Rudi Völler, die Defensive war unerschütterlich und die zahlreichen, klug vorgetragenen Konterchancen hätten zu weit mehr Toren führen können als zu den Treffern von Marko Babic (12.) und Andrej Voronin (74.).

„Der Gegner hat heute schnell gemerkt, dass er überhaupt keine Chance hat“, sagte Jörg Butt, „und darüber haben wir als Mannschaft und individuell an Sicherheit gewonnen“. Zumindest für ein paar Tage ist Bayer Leverkusen das Krisengerede, in dessen Zuge gar über einen Abschied Völlers nach Frankfurt spekuliert worden war, nun los. Angesichts dieses merkwürdigen Saisonverlauf könnte es allerdings ziemlich schnell wieder zurückkehren. DANIEL THEWELEIT