piwik no script img

Gipfel–Gipfel

■ Gorbatschows Annäherung an das Reich der Mitte

Diesmal wird Gorbatschows Gipfelangebot von der chinesischen Führung wohl nicht so brüsk zurückgewiesen werden wie noch im letzten Dezember. Wenn damals Deng Xiao Ping trotz des sowjetischen Liebeswerbens dem Russen noch die kalte Schulter zeigte, muß der Erfolg Gorbatschows in Washington der chinesischen Führung heute zu denken geben. Denn die bisherigen „drei Haupthindernisse“ für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den sozialistischen Giganten könnten - so zeigt der Washingtoner Gipfel - mit direkten Verhandlungen schneller überwunden werden. Die chinesische Bereitschaft, zur Lösung der Konflikte in Afghanistan, Kambodscha und bei der Abrüstung in Asien beizutragen, ist nun gefragt. Daß jetzt zum ersten Mal ein Gorbatschow–Interview in einer chinesischen Zeitung veröffentlicht wird, ist ein Signal. China spielt in Afghanistan nur eine untergeordnete Rolle und muß wohl die Bereitschaft der Sowjetunion, abzuziehen, anerkennen. Direkte Verhandlungen und Druck der UdSSR und China auf ihre jeweiligen Verbündeten - hie Vietnam und das befreundete Regime in Pnomh Penh, da die Khmer Rouge und Prinz Sihanouk - wären ein gangbarer Weg aus der Misere. Und das in dem Interview erneuerte Angebot Gorbatschows, einen Prozeß der Abrüstung zusammen mit China einzuleiten, kann mittelfristig von Peking nicht zurückgewiesen werden. Wenn nun Gorbatschow auch noch sein Interesse an den wirtschaftlichen Reformen im Nachbarland betont, müßte sogar noch der Vorwurf des „Revisionismus“ fallen, mit dem die maoistische Führung 1964 den Bruch mit der UdSSR begründete. Ein neuer antikapitalistischer Schulterschluß ist dennoch nicht mehr zu erwarten. Denn gemessen an der damaligen Diskussion über die Perspektiven der Weltrevolution sind solche Wünsche recht bescheiden. Erich Rathfelder

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen